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Kurdische Kommunen unter Zwangsverwaltung

Es ist hinreichend bekannt, dass die Regierung alles unternimmt, um die von der DBP (Partei des Demokratischen Friedens) geführten Kreise und Kommunen unter Zwangsverwaltung zu stellen. Der Ausnahmezustand, mit dem jegliche Rechte aufs Eis gelegt wurden, bot einen willkommenen Anlass dazu. Nach zahlreichen Erklärungen aus Regierungskreisen wurden 28 Kommunen und Kreise unter Zwangsverwaltung gestellt. 24 davon waren von der DBP verwaltete Kommunen. Den restlichen vier Kommunen wird „Zusammenarbeit mit und Unterstützung der terroristischen FETÖ“ vorgeworfen. In den betroffenen Kommunen wird der Zugang zum Internet verhindert, abgesetzte Kommunalpolitiker dürfen keine Erklärungen abgeben.

Wie keine ihrer Vorgängerinnen begründete die AKP alle ihre rechtswidrigen Praktiken in ihrer Regierungszeit damit, sie sei eine gewählte Regierung und hätte dadurch die Ermächtigung dazu. Dabei waren die Kommunalverwaltungen und Bürgermeister von der DBP mit einem höheren Stimmenanteil als die AKP und Staatspräsident Erdoğan gewählt worden. Allerdings gelten in diesem Land Demokratie und Recht nur dann, wenn sie der AKP in den Kram passen. Die Ko-Vorsitzende der DBP erklärte: „Wenn Sie behaupten, die abgesetzten Kommunalpolitiker wären nicht die rechtmäßigen Vertreter der Bevölkerung, dann können Sie doch Neuwahlen ausrufen.“ Allerdings ist das für die AKP keine Lösung. Sie zieht es vor, die vom Staat ernannten Gouverneure und Stadträte als Zwangsverwalter zu benennen. Sie weiß ganz genau, dass die Bevölkerung in den betroffenen Städten die DBP wählte, damit sie einen Beitrag zum Lösungsprozess in der kurdischen Frage leisten können. Die abgesetzten Kommunalpolitiker, denen man Unterstützung des Terrors vorwirft, hatten lediglich versucht, diesen Auftrag zu erfüllen.

Der Umwelt- und Kommunalminister Özhaseki erklärte nach der Bekanntgabe der Zwangsverwaltung, die Bevölkerung in den betroffenen Städten werde jetzt sehen, was wahre kommunale Arbeit bedeute. Dabei war es seine Regierung, die in Sur, Cizre, Silopi, Silvan und vielen anderen Städten, die jetzt unter Zwangsverwaltung stehen, Ausgangssperren verhängten, ganze Stadtteile zu Schutt und Asche bombten und somit kommunale Dienstleistung verhinderten. Ist es unter diesen Bedingungen nicht blanker Hohn, den Kommunen vorzuwerfen, sie seien ihrem Auftrag nicht nachgekommen?

Staatspräsident Erdoğan nennt die Zwangsverwaltung in den 28 Kommunen einen „Schritt, der zu spät komme“. Die Erlasse mit Gesetzeskraft, die die Regierung jetzt mit Berufung auf das Ausnahmezustandsrecht begründet, zeigen, was uns in der Zukunft noch erwartet.

Die vom Staatspräsidenten beklagte „Verspätung“ ist darauf zurückzuführen, dass die Regierung zunächst die erforderlichen Vorbereitungen treffen wollte. In diesem Sinne ist die Zwangsverwaltung als ein Bestandteil „Investitionspakets Ost und Südost“ zu verstehen. Das Programm wurde vom Ministerpräsidenten Binali Yıldırım am 4. September in Diyarbakır verkündet. Danach sollen in der Region 67.000 neue Wohnungen gebaut und das Kapital und Unternehmen mit neuen Prämien gefördert werden. Die Zwangsverwaltung steht im engen Zusammenhang mit dem Wiederaufbau der zerbombten Städte. Der Wiederaufbau, die Ansiedlung und Struktur der Bevölkerung wiederum sollen dem neuen Sicherheitskonzept angepasst werden. Sie möchten sich also als die „Gönner, die Wirtschaftsaufschwung in die Region bringen“ präsentieren. Dass sie damit Erfolg haben werden, ist allerdings äußerst zweifelhaft.

Ein Satz noch zu dem Vorwurf, dass einige der abgesetzten Kommunalverwaltungen die FETÖ unterstützt hätten. Haben sie sich nicht erst kürzlich den Gott um Verzeihung und Vergeben dafür gebeten, dass sie die Gülen-Bewegung 11 Jahre lang mit allem versorgt haben? Wer soll jetzt die Regierung absetzen und das Land unter Zwangsverwaltung stellen?

 

Yusuf KARATAŞ

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