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Ostermärsche 2021 — Auf die Straßen für eine friedlichere Welt

T. O. Çiftçi

Die Ostermärsche fanden in diesem Jahr unter Auflagen statt. Die mehr als 60 Jahre alte Tradition der Friedensbewegung wurde mit mehr als 100 Aktionen durchgeführt. Obwohl letztes Jahr aufgrund der pandemischen Bedingungen viele Aktionen ausfallen mussten, entschlossen sich die lokalen Friedensbündnisse dieses Jahr für den Frieden und gegen den Krieg ein Zeichen zu setzen. Die Gründe, für eine friedlichere Welt auf die Straßen zu gehen, sind trotz Lockdowns nicht weniger geworden.

Im zweiten Pandemiejahr haben sich die Anspannungen der Interessen imperialer Mächte weiter zugespitzt. Auf der einen Seite wurde durch die Wahl und Ernennung des US-Präsidenten Joe Biden die US- und NATO-Politik einer neuen Bewertung unterzogen. Mit seiner Losung „Amerika ist zurück“ will Biden die Zusammenarbeit zwischen den USA und den europäischen Ländern stärken, um wieder geeinter militärisch ins Weltgeschehen zu intervenieren und das Konzept westlicher Demokratien zu „fördern“. Den Worten ließ Biden Taten folgen, indem das US-Militär in Syrien bereits Ende Februar Luftschläge nahe der irakischen Grenze als Vergeltungsmaßnahme gegen vom Iran unterstütze Milizen führte. Syrien ist seit zehn Jahren ein Pulverfass, in welchem sich alle Mächte dieser Welt von den USA, Frankreich, Großbritannien über die Türkei bis Russland, dem Iran und China, direkt oder indirekt an diesem Konflikt, beteiligen. Jede militärische Handlung in dem von Zerstörung und Flucht geplagten Land birgt die Gefahr, nicht mehr zu kontrollierende Gewaltspiralen zu verursachen.

USA macht mobil gegen China und Russland

In einem Interview bezeichnete Biden Putin als einen Killer. Diplomatische und kommunikative Vorsicht zwischen den USA und Russland ist in nächster Zeit daher nicht zu erwarten. Auch China wird härter attackiert. „Wir dürfen nicht erwarten, dass jetzt so eine Art amerikanischer Schmusekurs gegenüber China stattfindet“, gab der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar auf einer Konferenz zu Protokoll. Das Treffen des chinesischen und US-Außenministers vor zwei Wochen reiht sich direkt in diese „China-Strategie“ ein. Durchtränkt von gegenseitigen Anschuldigungen resultierte das Treffen zwischen Yang und Blinken nicht in beidseitig beförderter Diplomatie und Zusammenarbeit. Die EU schließt sich diesem US-Kurs vorbehaltlos an. Seit 1989 wurden im März dieses Jahres zum ersten Mal Sanktionen gegen chinesische Politiker auf dem EU-Außenministertreffen beschlossen. Der Duktus bleibt bei allen wirtschaftlichen und politischen Maßnahmen gegen China derselbe: China verstößt gegen Menschenrechte, deshalb müsse man handeln.

NATO-Manöver provozieren

Im Mai ist es wieder soweit. Zwei große NATO-Manöver sollen geprobt werden. Das Manöver Defender Pacific 21 soll sich im Südwestpazifik abspielen und die Mobilisierungsfähigkeit und Aufmarschstärke der US-Streitkräfte gegen China demonstrieren. Dieser Übungsbereich reicht geographisch bis ins Südchinesische Meer und damit nah an die chinesische Küste. Vor der russischen Grenze spielt sich ein anderes Manöver ab. Defender Europe 21 soll die NATO-Streitkräfte für das südliche Bündnisgebiet an der Grenze Russlands mobilisieren. Die Schwarzmeerküste wird dieses Mal Schauplatz der Kriegsübungen sein. Die Bundeswehr beteiligt sich an diesem NATO-Manöver sowohl logistisch als auch personell. Wie auch im letzten Jahr sind Durchfahrten von Panzerstaffeln und weiterem Kriegsgerät durch bundesdeutsches Gebiet nicht unwahrscheinlich. Das Bild, dass deutsche Soldaten vor den Augen der deutschen Bevölkerung offen auftreten, spricht für sich und eine Normalisierung der Bundeswehr im Inland.

Ebenso die Aufrüstungsziele der NATO will die Bundesregierung normalisieren, als wäre alles andere unvernünftig und das Erreichen des Zwei-Prozent-Ziels alternativlos. In diesem Zuge sollen knapp 50 Milliarden Euro dieses Jahr in die Aufrüstung wandern. Mehr als dreimal so viel wie in die Bildung und doppelt so viel wie in die Gesundheit. In der Pandemie hat die Militarisierung und Stärkung der Bundeswehr immer noch einen höheren Stellenwert für die Mehrheit des Bundestages, als ein menschenwürdiges Gesundheitssystem mit funktionierenden Krankenhäusern, gerecht entlohntem Pflegepersonal und einem Bildungssystem, dass trotz der widrigen Bedingungen der Jugend eine gute Bildung vermitteln kann.

Ostermärsche werden „jünger“

Um diese Entwicklungen als das zu benennen, was sie sind: nämlich Vorbereitungen für neue Kriege, waren zu Ostern mehrere tausend Menschen auf den Straßen. Die größten Aktionen waren in Frankfurt, Stuttgart und Berlin mit bis zu jeweils 1000 Teilnehmenden. In Frankfurt sprach u.a. Willi van Ooyen, in Stuttgart die Linken-Bundestagsabgeordneten Tobias Pflüger und Heike Hänsel, in Hamburg Klaus Wicher vom Sozialverband und in Dortmund die Linken-Bundestagsabgeordnete Sevim Dağdelen. „Wir stehen hier für eine starke Friedensbewegung, die gegen die NATO-Hochrüstung, gegen Waffenexporte und gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr mobilisiert. Wir brauchen eine starke Friedensbewegung, die für Umverteilung und Kooperation statt Konfrontation mit Russland und China mobilisiert“, betonte Dağdelen. Die Ostermärsche verzeichneten im allgemeinen mehr jüngere Teilnehmende als in den letzten Jahren. Die Friedensbewegung merkt schon seit längerem, dass die Jugend in die Anstrengungen für eine friedliche Welt integriert werden muss. Auch die Umweltbewegung schloß sich in diesem Zuge in einigen Städten den Ostermärschen an. In Hamburg wurde neben den allgemeinen Kundgebungen eine Jugendkundgebung ausgetragen. Beteiligt haben sich neben der DIDF-Jugend, auch das Bündnis „Bildung ohne Bundeswehr“ (BoB), der Internationale Jugend Verein (IJV), die SDAJ, der Bund der Alevitischen Studierenden (BDAS) und die Falken.

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