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Plagiat oder nicht, wen interessiert das noch?

Suphi Sert

Erst war es zu Guttenberg, der abschrieb und jetzt ist es unsere Bildungsministerin Annette Schavan. Letztere wird momentan mit dem Plagiatsvorwurf bezichtigt. Vielleicht wird ihr sogar der Doktortitel aberkannt, grotesk nur, dass dies ausgerechnet unserer Bildungsministerin passieren muss. Also „Abschreiben“ und sich dabei ertappen lassen. Naja, in den Medien wird das ganze Thema runter und rauf diskutiert und kaum einer weiss nach 8 Monaten mehr überhaupt, worum es eigentlich genau ging. Klar ist aber, dass es heutzutage sehr schwer ist selbstständig zu Forschen und richtig zu Lernen. Hierbei ist nicht das Lernen für eine Mathearbeit oder Germanistikklausur gemeint. Denn eins haben wir alle gut drauf, zumindest wenn wir wollen: Etwas im Kurzzeitgedächtnis zu behalten, was wir nach ein paar Tagen aber sofort wieder vergessen oder das reine auswendig lernen, ohne etwas zu verstehen. Nur: was bringt mir das? Vielleicht bestehe ich die Prüfung, vielleicht bekomme ich einen guten Abschluss und dann? Was ist mit dem fürs Leben lernen passiert?

Lernen der Dummheit zu liebe

Wir verdummen womöglich in ein paar Jahren, wenn es so weiter geht. Eigentlich ist ein Kind, ein Jugendlicher, ja der Mensch an sich, wissbegierig und neugierig: Neues entdecken wollen, forschen und seinen Interessen entsprechend sich selbstständig informieren können oder danach streben. Damit ist zum Beispiel gemeint, dass ich Sport studiert habe, weil mich der menschliche Körper, seine funktionsweise, verschiedene Bewegungsmöglichkeiten mit meinem eigenen Körper und das Sporttreiben, wie Fußball, Basketball oder Kampfsport interessieren. Genauso lesen wir alle in der Schule „Kabale und Liebe“ von Schiller, weil es ein hervorragendes Stück ist und interpretieren ihn und sein Werk.

In Wahrheit lesen wir parallel zum Buch von Schiller die allgemeingültigen Analysen und Interpretationen, welche auch genauso von unseren Lehrern gehört werden wollen. Wie wir dieses dramatische Meisterwerk interpretieren, interessiert meistens kaum einen und vor allem bekommt unser einer hierfür eine schlechte Note, falls er sich doch zu weit aus dem Fenster lehnt. Kurz vor dem Studium überlegen die meisten auch erst einmal, womit man wohl die besseren Jobaussichten hat. Wir lernen auswendig und blubbern nach für Noten, für einen guten Job und nicht fürs Leben oder unsere Interessen.

Freiheit statt Einschränkung

Ich denke, es wäre schön, wenn jeder nach seinen Fähigkeiten und Fertigkeiten einen Job machen könnte, aber hierfür müsste man ja erst ein Lernen und Studium nach Interesse ermöglichen. Davon abgesehen, dass wir dann ein ganz anders aufgebautes Bildungssystem mit gleichen Chancen und Möglichkeiten für alle bräuchten, Frau Schavan, bräuchten wir eine neue Lehr- und Lernkultur innerhalb unserer Gesellschaft. Wissen und Weiterbildung muss dann auch jedem neue Chancen einräumen, egal welche soziale Stellung man hat. Um dieses gewährleisten zu können, brauchen Studierende mehr Freiheiten an Universitäten, sprich was sie wann, wie lange und wie studieren wollen, sollte nicht vom Geldbeutel oder Zugangsnoten abhängig sein; bessere sachliche und personelle Ausstattung von Schulen und Unis, ohne finanzielle Einschränkungen und ein eingliedriges Schulsystem; sowie die Möglichkeit für alle Arbeiter zur Aus- und Weiterbildung, ohne die willkürliche Entscheidung des Unternehmers.

In unserer heutigen Gesellschaftsform wird Lernen nur in enger Verknüpfung zur Bildung für die Arbeitswelt verstanden, als Berufsqualifikation und der Mensch als wirtschaftliche Ware betrachtet. Das Kind soll schneller Erwachsen sein, frühstmöglich werden wir auf Bewerbungen, Beruf und Selbstständigkeit vorbereitet, um auch profitabel zu sein.

Denn klar ist, dass nie die Bildungsqualität im Vordergrund steht, sondern immer die „Bedürfnisse des internationalen Arbeitsmarktes“. Seit der Krise wird hieraus auch kein Geheimnis mehr gemacht. Aussagen wie: „Wir müssen die Wirtschaft ankurbeln“ hören wir andauernd. Schulen und Unis sind schon lange nicht mehr „Schonräume der Wissensvermittlung“, es geht ganz offen nur noch um Profilierung, Spezialisierung und ein Zuschneiden des Bildungsangebots auf die Bedürfnisse der nationalen wie regionalen Wirtschaft.

Bspw. ist die eigentliche Aufgabe einer Universität die akademische Bildung und wissenschaftliche Forschung, immer im Hinblick zum Wohle der gesellschaftlichen Entwicklung. Die Studenten sollten eigentlich geistig und intellektuell geschult werden. Stattdessen sind die Unis den Einflüssen der Wirtschaft ausgesetzt, so dass Forschung und Lehre auf ein Minimum gesetzt scheinen, durch Kriterien der Wirtschaftlichkeit.

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