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Privatvermögen und Managerdebatten

Özlem Alev Demirel *

Das „Ja“ der Schweizer zur Begrenzung der Managergehälter im März hat auch in Deutschland eine Debatte darüber ausgelöst, was gerecht ist und wie unverschämt die Selbstbedienungsmentalität der Manager in den Betrieben sei. Das konkrete Ergebnis des Volksentscheides ist, dass anstelle der Aufsichtsräte nun die Aktionäre direkt und jährlich über die Vergütung der Manager entscheiden. Zudem sollen Antritts- und Abgangszahlungen verboten werden. Auch Prämien bei Firmenkäufen oder -verkäufen soll es nicht mehr geben. Verstöße gegen entsprechende gesetzliche Regelungen könnten mit bis zu drei Jahren Gefängnis und hohen Geldbußen bestraft werden.

Die Empörung über die immensen Managergehälter ist groß. So ist beispielsweise Martin Winterkorn (VW Chef) der bestbezahlte Manager in Deutschland und hat allein im Jahre 2011 17 Mio. Euro bekommen. Abgesehen davon, dass er diese Summen niemals sinnvoll ausgeben kann, ist es geradezu pervers, dass auf der anderen Seite bei Hartz IV-Betroffenen um jeden Cent gerungen werden muss. Daher ist die Empörung in jedem Fall verständlich und angebracht.

Allerdings muss auch darauf hingewiesen werden, dass die größten Summen nicht bei den Managern ankommen, sondern bei den Besitzern der Unternehmen. Die Rendite von Großaktionären übertrifft die Managergehälter bei weitem. Der private Reichtum der 0,1 Prozent der Bevölkerung, die mehr haben, als die untersten 80 Prozent zusammen, wird leider so gut wie gar nicht gesellschaftlich diskutiert. Die Aktienbesitzer erhalten ein vollkommen leistungsloses Einkommen, welches alle Arbeitseinkommen weit übersteigt. Diese Debatte ist eigentlich noch viel dringender, als die Debatte über Managergehälter.

Hier sind nämlich auch die wirklichen Profiteure des Wirtschaftswachstums und der beachtlichen Produktivitätssteigerungen der letzten Jahre. Konzerne meldeten immer neue Rekordgewinne und erst in diesem Strudel erreichten Manager-Bezüge schwindelerregende Höhen. Möglich wurde dies nur dadurch, dass die Reallöhne der normalen Beschäftigten in Deutschland auf der anderen Seit sanken.

 

Während also auf der einen Seite Managergehälter horrend gestiegen sind, hat auf der anderen Seite die Armut in Deutschland dramatisch zugenommen. Jeder Siebte gilt in Deutschland als armutsgefährdet. Anders als noch vor 15 Jahren ist Armut trotz Arbeit kein

seltener Ausnahmefall mehr: fast 1,4 Millionen Menschen müssen ergänzend mit ALG II-Leistungen aufstocken, weil der Lohn noch unter dem Existenzminimum liegt.

Fast jeder vierte Beschäftige arbeitet für einen Niedriglohn von weniger als 9,15 €/Brutto.

 

Kurz gesagt die Schere zwischen arm und reich klafft immer weiter auseinander. Auch aus diesem Grund hatte sich im vergangenen Jahr, das Bündnis für Umfairteilen zusammengefunden und tritt für die stärkere Besteuerung von Reichtum ein, um soziale Investitionen zu finanzieren. Am 13. April gibt es nun einen bundesweiten dezentralen Aktionstag zum Thema in über 50 Städten in Deutschland. Und diese müssen gestärkt werden.

 

* Bundesvorsitzende der Föderation der Demokratischen Arbeitervereine (DIDF)

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