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Schwimmunterricht oder Religion? Das ist hier die Frage

Ramazan Mengi

Vor zehn Jahren stehen sich im Gericht ein muslimisches Ehepaar aus der Schweiz und die Schule, auf die ihre zwei kleinen Töchter gehen, gegenüber. Der Grund: Die Eltern hatten ihren Töchtern die Teilnahme am schulischen Schwimmunterricht verboten, da das gemeinsame Schwimmen von Mädchen und Jungen in ihrem Glauben nicht vorgesehen sei. Die Schulbehörde reagiert und verhängt ein Bußgeld von ca. 1000 Euro. Das schweizerische Ehepaar lässt nicht locker und geht vor Gericht.

Erst Anfang 2017 kommt der Europäische Gerichtshof zu einer Entscheidung und die Rechtsfrage ist zumindest juristisch geklärt. Für Schülerinnen und Schüler sei es wichtig, den Unterricht gemeinsam zu erleben. Es gehe um soziale Integration und die stehe über den religiösen Vorstellungen der Eltern. So entscheidet der Europäische Gerichtshof gegen die soziale und sportliche Ausgrenzung von muslimischen Mädchen, die durch ihre autoritären Eltern herbeigeschworen wird und für die gleiche und gemeinsame Bildung für alle Kinder, egal welcher Herkunft oder Religion sie abstammen.

Denn bei dieser Frage darf man folgende wichtige Komponenten nicht außer Acht lassen: Bei solchen Fällen geht es immer nur um die Frage, ob die Töchter am Schwimmunterricht teilnehmen dürfen, während für muslimische Jungen das gemeinsame Schwimmen mit den Klassenkameradinnen in Badesachen anscheinend kein Problem darstellt. Muslimische Eltern gehen hierbei bis zu den höchsten Instanzen und gegen das gesamte Bildungssystem vor, um zu verhindern, dass ihre minderjährige Tochter nicht das selbe Schwimmbecken benutzt, wie ihre Schulfreunde. Neben der sozialen Abschottung ihrer Tochter beschwören die Eltern mit solch einem Verhalten ein gewisses Schubladendenken bei den eigenen und den anderen Kindern. Die Frage, wieso ihre muslimische Mitschülerin nicht am Unterricht teilnimmt, wird die Antwort nach sich ziehen, dass sie anders sei. Statt einen gemeinsamen Bildungsweg zu gehen, werden die Schüler schon im Kindesalter kategorisiert. Auf der anderen Seite wird dem Mädchen ihre Rolle in der patriarchalischen Gesellschaft nähergebracht: Dein Bruder darf alles, du darfst nur das, was wir erlauben. Versteckt wird das hinter dem Glauben, der zugleich als Totschlagargument für alles gilt, was dieser patriarchalen Weltsicht nicht in den Kram passt.

Das Hauptproblem stellt in solchen Fällen das Tragen von knappen Badeanzügen dar, weshalb muslimische Eltern krampfhaft versuchen, ihre Töchter entweder vom Unterricht zu befreien oder ihr einen Burkini aufzuzwingen, was widerrum dazu führt, dass sie „anders“ ist. Mit solchem Verhalten wird einem Kind eine Sexualität regelrecht aufgezwungen.

Natürlich sind solche Fälle eine starke Seltenheit, weshalb man sich vor einer Verallgemeinerung über muslimische Familien in Acht nehmen sollte. Genauso sollte man die Entscheidung des europäischen Gerichtshofes nicht als „Sieg der deutschen Leitkultur“ feiern, sondern das ganze als einen Schritt sehen, der dafür sorgt, dass alle Kinder, egal welcher Religion oder Herkunft sie sind, einen gemeinsamen Bildungsweg, ohne soziale und gesellschaftliche Ausgrenzung gehen.

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