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Sexistische Kackscheiße

Steigt man aus dem Zug am Hauptbahnhof, trifft einen der Schlag. Wartet man auf die Bahn an der U-Bahn-Haltestelle, ist man schockiert. Läuft man in die Stadt – und da ist es wieder am Schaufenster und man regt sich auf. Geht man ins Kino und vor dem Film begleitet es einen, man lässt es über sich ergehen. An der Uni liegt es auf dem Tisch und man ignoriert es einfach. Nachmittags auf der Arbeit bemerkt man es schon gar nicht mehr. Ja, es geht um Werbung, die ein fixer Bestandteil unseres Lebens ist. Aber nicht um irgendwelche Werbung, sondern um die, die uns suggeriert, dass Frauen nur eins sind: Sexsymbol. Anfangs regt man sich auf, so nach und nach nimmt die Reaktion ab und man findet sich mit der Situation ab. Wir nehmen sie nur noch unbewusst wahr und so fließt die Botschaft direkt in unsere Wahrnehmung ein.

Populäre Marken und Geschäfte

Immer mehr Geschäfte und Marken werben mit halbnackten Frauenkörpern. Einige Marken werben sogar nur mit „Sex“, so z.B. die Deo-Marke „Axe“. Auf ihrer aktuellsten Kampagne: Mal wieder sieht man auf meterlangen Plakaten einen Astronauten, der von einer halbnackten Frau verschlungen wird und auf dem Plakat steht, dass ein Astronaut immer den Verkehr regelt. Die Anspielung auf den Geschlechtsverkehr bleibt hierbei nicht unauffällig. Es gibt nicht wenige Werbungen, die uns tagtäglich begleiten und nichts anderes darbieten, als Sexismus. In einem Sportmagazin wirbt bet.at.home mit einem Frauendekollete, umarmt von einem Mann von hinten. Die Brüste der Frau werden von den Händen des Mannes festgehalten und der Slogan lautet: „Sie lieben Ballsport!“. Oder das weltbekannte Geschäft H&M wirbt jetzt auch mit halbnackten Frauen, die im Schlafzimmer sind und nur Unterwäsche anhaben. Als ob H&M im Sortiment nichts anderes hätte, als Unterwäsche. Von solchen Plakaten wird man erschlagen. Auch die Fluggesellschaft Germanwings verkauft Frauen, so würde man es meinen. Drei hübsche Frauen, die sich hübsch machen, sind auf dem Plakat. Da steht in groß: Fragt sich, was schöner ist. Und in kleiner Schrift liest man: Der Flug oder der Preis. Das sind nur einige Beispiele unter Tausenden.

Sexismus mehr als Humor

Bei Diskussionen mit anderen höre ich ganz oft, dass es eine übertriebene Reaktion sei. Werbung mit Humor sei in Ordnung. Man solle doch nicht so konservativ und altmodisch sein. Die Frage ist, was der Humor mit sich bringt und auf wessen Kosten der Humor ist. „Sexismus in der Werbung bezieht sich nicht nur auf die sexualisierte Darstellung der Frauen, sondern auf weitaus mehr Strategien und Methoden zur  Reproduktion der Zweigeschlechtlichkeit.  Eine wesentliche Kategorie der sozialen Ordnung in westlichen Industriestaaten ist  „Geschlecht“. Mit der Zuordnung zu einer der beiden Geschlechtsklassen ist eine soziale, ökonomische und politische Platzanweisung verbunden.“, so lautet es in einem Portal gegen Sexismus. Die Werbung schreibt der Frau eine Rolle zu, die nichts mit dem modernen Weltbild zu tun hat. In der Werbung ist die Frau die Mutter, die Putzfrau und die Prostituierte ihres Mannes zugleich. Gewalt wird auch ganz oft verharmlost.

Nicht wenig Gegenstimmen

Auch wenn ein großer Teil die Werbung so hinnimmt und einige der Frauen sich in ihrer Puppenrolle bestätigt fühlen, gibt es jedoch genügend Menschen, vor allem Frauen, die den weiblichen Körper nicht nackt in der Öffentlichkeit sehen wollen. Der weibliche Körper ist nichts, was man präsentieren muss, um die Produkte, die  eigentlich mit der Frau nichts zu tun haben, zu verkaufen. Es gibt viele Gegenstimmen und Frauenverbände, die sich dagegen einsetzen. Auch „Die Watchgroup GEGEN SEXISTISCHE WERBUNG“ wurde auf Initiative von Ex-Frauenstadträtin Elke Edlinger in Kooperation mit der unabhängigen Frauenbeauftragten der Stadt Graz eingerichtet. Sie besteht heute aus Vertreterinnen des Grazer Frauenrates und des Vereins Thekla. Ihr Ziel ist es, die sexistische Werbung abzuschaffen und für eine Aufklärung zu sorgen. Sie haben eine Homepage, auf der man zahlreiche sexistische Werbungen sieht. Von diesen Initiativen gibt es nicht wenige.

Frau = Mehr als ihr Körper

Es gibt genügend Beispiele in der Geschichte und noch mehr Beispiele heute, die zeigen, dass Frauen in allen Bereichen des Lebens ein Symbol für den Kampf sind. Nicht selten haben Arbeiter ihre Rechte bekommen, weil Frauen mit an vorderster Front kämpften. Es ist traurig, Frauen auf ihren Körper zu reduzieren und wie eine Vase oder eine Kerze zu benutzen, die keine andere Aufgabe haben, als die Gegend schöner aussehen zu lassen. Solange der nackte Körper einer Frau auf der Titelseite der Zeitungen ist, solange er die Straßen und die Bahnhöfe schmückt, solange heißt es für uns, dass der Kampf um die Befreiung der Frau und die Abschaffung des Frauenkörpers als Ware noch ein langer und mühsamer ist.

 Çiğdem Ronaesin

 

Für 80 Prozent ist Sexismus-Debatte wichtig

Eine Mehrheit der Menschen in der BRD misst der Debatte zum Thema Sexismus große Bedeutung bei. Laut einer Emnid-Umfrage von Ende Januar für das Nachrichtenmagazin „Focus“ halten 80 Prozent der Befragten eine gesellschaftliche Diskussion über den richtigen Umgang der Geschlechter miteinander für wichtig. Unter den Frauen ist der Anteil mit 85 Prozent noch höher, doch auch drei Viertel der Männer (75 Prozent) sind dieser Meinung.

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