Das Problem eine bezahlbare Wohnung zu finden, ist längst nicht mehr nur ein Problem der Studierenden. Auch sind nicht mehr nur einige lokale Orte betroffen, sondern im ganzen Land gibt es für Geringverdiener große Probleme, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Man braucht gar keine neue Wohnung zu suchen oder Geringverdiener zu sein, um mit diesem Problem konfrontiert zu sein. Die immer wieder steigenden Mietkosten machen auch die aktuelle Wohnung für viele Menschen unbewohnbar. Stadtentwicklung, Modernisierung, Wohnraumaufwertung. Immer mehr Menschen werden durch diese geführte Politik aus den Stadtkernen verdrängt. Die sozialen Netze, die sich die Menschen jahrzehntelang in der Nachbarschaft aufgebaut haben, sind irrelevant. Wer nicht zahlen kann, muss gehen. Am besten in einen Randbezirk. Es geht auch schlicht um die Umstrukturierung der Bevölkerung. Die Reichen sollen in den Städten zusammenleben und die Ärmeren werden in irgendwelche Bezirke gedrängt. Schließlich soll die Stadt ja attraktiv werden, Sozialwohnungen passen da nicht ins Bild. Wohnraumaufwertung wird das dann genannt. Für wen der ganze Wohnraum aufgewertet wird, wird spätestens nach Zwangsräumungen klar.
Stadtentwicklung, aber für wen?
Wenn man sich die Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe für Zwangsräumungen im Jahr 2012 anschaut, muss erst mal geschluckt werden. 65000 Haushalte sollen 2012 durch Räumungen ihre Wohnung verloren haben. Allein in Berlin steigen die Preise für Neuvermietung pro Jahr durchschnittlich um zehn Prozent (Im Ranking der höchsten Mietpreise in Deutschland liegt Berlin auf Platz 9). Gleichzeitig steigt aber der Lohn der Mieter nicht, sodass die Zahlung der Mieten unmöglich gemacht wird. Vor allem untere Einkommensgruppen haben es schwer. Diese Haushalte müssen inzwischen 40 Prozent und mehr von ihrem Einkommen alleine für Zahlung ihrer Mietwohnung ausgeben. Trotz steigender Mieten wurden aber die Wohngeldleistungen seit 2009 nicht mehr angepasst. Diese Unterstützung ist dann auch nicht viel Wert. Auch die fleißigen Häuserbauer, Private versteht sich, bessern die Situation nicht. Private Investoren werden keine Wohnungen mit geringer Miete bauen lassen und somit die Mietsteigerung hindern. Für Neubauten zahlt man in jeder Stadt auch entsprechend mehr.
In vielen Groß- und Universitätsstädten werden ständig neue Prestigeprojekte gestartet. Es werden Dinge gebaut, die für die Bevölkerung nicht von Nutzen sind oder die die Bevölkerung nicht nutzen kann, da sie finanziell nicht in der Lage sind. Auf der anderen Seite werden Schwimmbäder, Bibliotheken und Jugendzentren geschlossen, die für die Menschen in den Stadtteilen die einzigen Freizeiteinrichtungen darstellen.
Nach den Wahlen ist stark zu bezweifeln, dass sich im Mietrecht etwas zum Positiven ändern wird. Die jetzige Lage zeigt, dass Wohnraum als Ware gehandelt wird. Ungeachtet dessen, dass Wohnen ein Grundrecht ist. „Eine kapitalistische Stadt ohne soziale und sozialräumliche Ungleichheiten gibt es nicht. Sie sind Teil der Natur der kapitalistischen Stadt“, schreibt Hans-Dieter von Frieling in einer Zeitschrift. So fällt es auch einem Oberbürgermeister nicht schwer zu sagen „Wer sich die Mieten hier nicht leisten kann, muss eben ins Umland ziehen“ (Dirk Elbers CDU, Oberbürgermeister Düsseldorf).
Immer mehr Mieter wehren sich
Erfreulich ist, dass die Zahl der Gegner dieses Mietwahns immer mehr steigt. Es gründen sich neue Initiativen von Mietern und Betroffenen die politisch tätig werden. Besetzungen, Demonstrationen und Happenings während Wohnungsbesichtigungen sind keine Seltenheit mehr. Die lokalen Proteste wurden zuletzt auch auf bundesweite Demonstrationen und Aktionen ausgeweitet. Es sieht nicht danach aus, als ob sich die Menschen das weiterhin gefallen lassen werden. Wohnraum neu gestalten? Ja, aber mit unseren Ideen und für uns, denn schließlich leben wir in den Wohnräumen!
Bahar Güngör