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Unter den Wohlhabenden wächst der Hass

Die Feindseligkeit gegenüber Muslimen in Deutschland nimmt zu, besonders bei Besserverdienenden. Zu diesem Schluss kommt die Forschergruppe um den Bielefelder Sozialwissenschaftler Heitmeyer in der neuen Studie „Deutsche Zustände“. Der Forscher untersucht seit zehn Jahren in einer Langzeitstudie gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Deutschland sowie die Entwicklung und die Ursachen von Vorurteilen. Die aktuelle Veröffentlichung zeigt, dass vor allem bei Wohlhabenden eine erschreckend zunehmende Islamfeindlichkeit steige.

„Vereisung des sozialen  Klimas“
Eine abwertende Haltung zeigt sich der Studie zufolge vor allem gegenüber sozial Schwachen. Der Mittelschicht gehe es um die Sicherung oder Steigerung eigener sozialer Privilegien „durch die Abwertung und Desintegration volkswirtschaftlich etikettierter Nutzloser sowie um die kulturelle Abwehr durch Abwertung“. So würden gerade Muslime als „ökonomisch nutzlos“ stigmatisiert. Gleichzeitig sinke die Bereitschaft, Schwachen zu helfen. Heitmeyer spricht von einem „Klassenkampf von oben“. Auch diese Entwicklung trifft in erster Linie wieder jene, die als „Fremde“ und „Muslime“ wahrgenommen würden. Heitmeyer kommt zu dem Schluss, das Bürgertum trage zu einer „Vereisung des sozialen Klimas“ bei. Er spricht von einer „entsicherten wie entkultivierten Bürgerlichkeit“, und betont, dass diese Meinungen über „angeblich liberale Tages- und Wochenzeitungen“ verbreitet werden.
Krise trägt zu Angst bei
Die Studie sieht auch negative Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf die Zustimmung zur Demokratie. „In der Krise haben viele Besserverdiener erstmals gemerkt, was finanzielle Einbußen bedeuten“, sagt Heitmeyer. Dadurch seien mühsam erlernte soziale Normen und Werte in Vergessenheit geraten und der Sozialdarwinismus habe zugenommen. Das Gefühl der Bedrohung durch die Krise habe zu einer schleichenden „Radikalisierung der gesellschaftlichen Mitte“ geführt. So lauten die sozialpolitischen Kernansichten der Mittelschicht: Abbau des sozialsstaatlichen Unterstützungsanrechts, stattdessen Gnade durch Wohlhabende und Selbstverantwortung der sozial Schwachen. 34 Prozent bezeichnen sich als zornig, weil sie sich von der Krise bedroht fühlen. Das zeige das zunehmende rechtspopulistische Potential. Die Sorge um den eigenen wirtschaftlichen und sozialen Status mit der Furcht vor einem Zusammenbruch des westlichen Finanz- und Wirtschaftssystem trägt dazu bei, dass die Hoffnung auf andauernden Wohlstand und Sicherheit und somit das Vertrauen in den Kapitalismus schwindet. Die Richtung, in die das steuert, ist aber die Falsche.

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