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Verrohung und Schmarotzertum

Ahmet Yaşaroğlu

Das imperialistisch-kapitalistische System von heute kann man mit zwei Begriffen beschreiben: Verrohung und Schmarotzertum! Dass beide Begriffe miteinander zusammenhängen und dass das Schmarotzertum die Verrohung ernährt und gedeihen lässt, liegt auf der Hand. Kürzlich wurden die Ausmaße des Schmarotzertums erneut vorgestellt. Laut dem OXFAM-Bericht stieg das Einkommen der 80 reichsten Menschen der Welt um 2 Billionen US-Dollar. Das Einkommen der ärmsten 3,6 Mrd. Menschen fiel hingegen um 1 Billion Dollar. Dieser Trend des Schmarotzertums hält natürlich weiter an.

Die letzte Entwicklung, die die Verrohung verdeutlichte, war die Veröffentlichung von „Panama-Papers“ über Briefkastenfirmen, Steuerhinterziehung, nicht versteuerte Vermögen etc. Man müsste noch Beispiele von Bestechung (wie im jüngsten Fall von Novartis) etc. und die korrupten Regierungen in zahlreichen Ländern hinzuzählen. Die Rücktritte einiger Minister und Staatschefs können nicht darüber hinwegtäuschen, dass bisher nur die Spitze des Eisbergs sichtbar wurde.

All diese Ergebnisse sind bis auf wenige Ausnahmen auf eine Hauptursache zurückzuführen, nämlich auf den Monopolkapitalismus. Riesige Monopole lenken die Weltwirtschaft und unternehmen alles, um Maximalprofite zu erzielen. Es handelt sich dabei nicht nur um Konzerne aus dem Produktionsbereich. Die Rede ist hier von Banken als das Gesicht des Finanzkapitals, das auch die Produktion lenkt und kontrolliert. Der Ursprung von Verrohung und Schmarotzertum liegt auch genau hier. Folgendes illustriert das ganz offen: Im Jahr 2016 wird der Anteil des reichsten Prozents am Gesamtvermögen bei 99 % liegen.

Man müsste doch denken, dass die kapitalistische Produktion alles überflügeln würde, wenn man die angesammelten Billionen Dollar in die Produktion investieren würde. Das passiert allerdings nicht, und kann auch nicht passieren. Denn der Kapitalismus produziert nicht fürs Gemeinwohl. Die Kapitalisten produzieren Güter, um den Mehrwert, also die Ausbeutung zu steigern. Deshalb ist der Kapitalismus eigentlich die Produktion von Mehrwert. Schließlich wandert der aus diesem Verhältnis resultierende Gewinn als Profit in die Taschen des Kapitalisten. Die grundlegende Beziehung in diesem System ist die Lohnabhängigkeit des Arbeiters vom Kapital. Das System baut auf dieser Beziehung auf. Der Trieb des Kapitalisten, Mehrwert und somit Profit zu erzielen, bedeutet zugleich, dass er nur Interesse an der Produktion hat, wenn er sich davon mühelos erzielten Profit verspricht. Das Ansteigen des Schmarotzertums trifft auch die Produktion. Damit wird das kapitalistische System, (d.h. die kapitalistischen Produktionsverhältnisse) zu einem Hindernis vor seinem eigenen Produktionssystem. Während einerseits die Armut und das Elend ansteigen, wird andererseits das extrem große Vermögen einer kleinen Minderheit immer größer. Das ist der höchste Punkt beim Konkurs, bei der Verrohung und Ausweglosigkeit des kapitalistischen Systems.

Das ist aber nicht das Los der Menschheit. Der 1. Mai steht an. Die Arbeiterklasse ist das besondere und Hauptprodukt des Kapitalismus. Die Arbeiterklasse ist eine Klasse der Lohnabhängigen, die vom Kapitalismus versklavt wurde. Die Beendigung der Lohnabhängigkeit ist nur durch den Sturz des kapitalistischen Systems möglich. Diese historisch richtige Feststellung setzt aber auch voraus, dass auf dem Weg zu diesem Ziel auch die politischen Bedingungen stimmen müssen. Es ist bekannt, dass der Kampf der internationalen Arbeiterklasse nicht auf dem entsprechenden Niveau steht. Die Arbeiterklassen in den einzelnen Ländern müssen heute vieles neu erlernen und in ihrem Kampf einsetzen. Der Tag der Arbeit bietet den Arbeitern die Gelegenheit, für die Erlangung des Bewusstseins, dass sie eine Klasse mit gemeinsamen Interessen sind. Das kapitalistische System treibt die Menschheit in eine Welt, in der Schmarotzertum und Verrohung herrschen und sich Kriege, Hungersnöte, Armut und nationale Unterdrückung ausweiten. Die Arbeiterklasse ist imstande, die Hoffnung auf Befreiung von Milliarden von Ausgebeuteten und Unterdrückten zu vertreten, das Rückgrat ihres Kampfes zu werden. Auch wenn wir einen langen Weg zu gehen haben, einen anderen Weg gibt es nicht.

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