Written by 14:00 DEUTSCH

Warum das Entsetzen über Trump geheuchelt ist

Dass Rechtsextremisten, Nationalisten und Antisemiten in Donald Trump ein Sprachrohr gefunden haben, war bereits vor seinem Einzug ins Weiße Haus bekannt. Ebenso, dass Trump diese Rolle mit Parolen wie „make America great again“ und dem Plan einer Mauer an der mexikanischen Grenze zu bauen, forcierte und sich mit den Stimmen der Rechtsextremen zum Präsidenten wählen ließ. Das ist keine ungewöhnliche Strategie im Wahlkampf. Auch in Deutschland gehen konservative Politiker mit fragwürdigen und oftmals rassistischen Behauptungen auf Stimmenfang im rechtsextremen Lager. Alexander Gauland, Horst Seehofer, De Maiziere oder Thilo Sarrazin sind besonders bekannte Beispiele dafür. Doch wieso ist die Erschütterung in Deutschland gegenüber Donald Trumps Aussagen zu dem rassistischen Anschlag in Charlottesville so groß? Und wieso bleibt die öffentliche Erschütterung von Medien und Politik gegenüber rassistischen Anschlägen in Deutschland so leise?

Worum geht es?

Denkmäler des Rassismus haben keinen Platz in einer offenen und toleranten Gesellschaft. Aus diesem Grund beschloss der Stadtrat der US-amerikanischen Stadt Charlottesville die Statue des Südstaatengenerals Robert E. Lee zu abzureißen. General Lee war einer der wichtigsten Strategen der Südstaaten im amerikanischen Bürgerkrieg und selber Sklavenhalter. Zum Protest gegen dieses Vorhaben versammelten sich Rassisten, Faschisten und Antisemiten zur größten rechtsextremen Demonstration der letzten Jahrzehnte in den USA. Mit Fackeln, Waffen und Hitlergrüßen skandierten sie unter anderem: „Heil Trump“. Vertreter aller bedeutenden rechtsextremen Organisationen wie beispielsweise dem Ku-Klux-Klan schlossen sich unter dem Motto „unite the right“ zusammen. Nach dem offiziellen Ende der Veranstaltung raste ein Teilnehmer mit seinem Auto in eine Gruppe von Gegendemonstranten und verletzte 19 Menschen und tötete eine 32-jährige Frau. Präsident Trump kommentiert diesen Vorfall, den sein Justizminister als Terrorismus einstufte, mit den Worten „die Gewalt geht schon seit einer ganzen Weile von vielen Seiten aus. Von vielen Seiten!“. In späteren Ausführungen sagte er dann, dass auf der Seite der „unite the right“ – Demonstration nicht nur Neonazis waren, sondern auch sehr viele „sehr anständige Leute“ seien.

Rassismus ist Alltag

Ja, die Ausführungen Trumps sind rassistisch und eines Präsidenten nicht würdig. Überraschend sind sie dennoch nicht. Die öffentliche Erschütterung in den USA ist verständlich, denn Rassismus ist in den USA alltäglich. Und der Präsident des Landes befeuert die rassistische Stimmung. Viele Prominente Firmenchefs sind aus den Wirtschaftsgremien Trumps ausgetreten. Die NBA-Meister der Golden State Warriors haben bereits signalisiert, dass sie einer Einladung ins Weiße Haus nicht folgen werden. Überraschend ist allerdings, welch hohe Wellen die Äußerungen Trumps in Deutschland zur Folge hatten. Bedenkt man insbesondere, welche Reaktionen es auf vergleichbare Äußerungen von deutschen Politikern gibt. Die Ausführungen von Beatrix Storch über einen Schießbefehl gegen Flüchtlinge an der Grenze. Aber auch der fehlende Willen effektiv für den Schutz von Geflüchteten in Deutschland zu sorgen. 2016 gab es jeden Tag fast zehn Angriffe auf Geflüchtete und Flüchtlingsunterkünfte. Dabei wurden 560 Menschen, unter ihnen 43 Kinder, verletzt. Es ist leicht entsetzt über rassistische Geschehnisse im Ausland zu sein, aber schwieriger ist das gleiche Entsetzen für Rassismus in Deutschland aufzubringen. Denn hier müssten ja dann auch Taten und Konsequenzen folgen.

 

Close