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Warum wurde Yusuf Karataş festgenommen

Von İhsan Çaralan

Unser Freund, Yusuf Karatas, wurde am 27. Juli auf Initiative der Staatsanwaltschaft Diyarbakir verhaftet. Mit einer Anklageschrift, die in Windeseile verfasst wurde, wird wegen des Straftatbestandes „Leitender Verantwortlicher einer Terrororganisation“ zu sein, ein Strafmaß von 22,5 Jahren gefordert.

Jeder, der die Politik in der Türkei verfolgt, weiß, dass Dinge, die gestern keine Straftat waren, heute schon eine Straftat sein können – je noch politischem Klima, nach aktuellem politischen Konzept. Das zur Zeit geltende Konzept macht Engagierte für Frieden, Freiheit, Demokratie und Recht zu Kriminellen. Sie werden verhaftet, manche nach langer Haftstrafe wieder frei gelassen.

Die Verhaftung von Yusuf hat auch etwas mit der Änderung des politischen Konzeptes zu tun. Was früher keine Strafe war, ist es aber jetzt. Und wer sich damit nicht abfinden kann, wird mit Hilfe der Gerichte und Strafen auf die Spur gebracht. Dass Yusuf nun mit dieser Anklage und der angedrohten Strafe auf die Spur gebracht werden soll, ist jedem klar nach dem wir die „Straftaten“, die vorgeworfen werden, nun alle kennen. Um über das Allgemeine hinaus, das Spezielle an diesem Fall kennenzulernen, antworten wir einmal auf die Frage „Wer ist Yusuf Karatas“?

Wer ist Yusuf Karatas?

Yusuf Karatas ist ein Journalist, der im Dienste der Wahrheitsfindung arbeitet. Er ist seit der Gründung der Evrensel für diese Zeitung tätig und seit einem Jahr im Diyarbakir Büro der Evrensel.

Yusuf Karatas ist ein echter Intellektueller, der seit seiner Jugendjahre sich die Sorgen der verschiedenen Völker der Türkei zum Anliegen gemacht hat, der sich im Kampf für die Demokratie und in der Arbeiterbewegung engagiert hat.

Yusuf Karatas ist ein Gewerkschaftler und Pädagoge im öffentlichen Dienst, der viele Jahre lang in Diyarbakir als Lehrer gearbeitet hat. Er hat sich in bildungspolitische Diskussionen eingemischt, hat sich für eine demokratische, laizistische Bildung und ein Recht auf muttersprachlichen Unterricht eingesetzt.

Yusuf Karatas ist Mitglied der EMEP und Medienberater des Vorsitzenden der EMEP, der sich für eine demokratische Lösung des Kurdenproblems einsetzt. Er sieht die demokratische Lösung der Kurdenfrage als ein wichtiger Bestandteil der Demokratiebewegung in der Türkei. In dieser Hinsicht hat er sich in den kurdischen Gebieten an Aktionen und Protesten beteiligt und unterstützte den Kongress demokratischer Gesellschaft.

Yusuf Karatas ist ein klassenbewusster Arbeiter, der sich in den kurdischen Gebieten jahrelang im Kampf der Arbeiter engagiert hat. Sowohl den Kampf der Landwirtschaftsarbeiter als auch den der Ziegelarbeiter hat er unterstützt, in dem er darüber berichtete, Reportagen und Kolumnen dazu schrieb.

Reicht eine Verhaftung um einzuschüchtern?

Ein Mensch, der nicht darauf aus ist, sich am und im System zu bereichern, sondern an das Wohl seines Landes und ihrer Menschen bedacht ist, sich für Demokratie und Arbeiterrechte einsetzt, kann es hierzulande nicht vermeiden, bei der Polizei und Staatsanwaltschaft aufzufallen. Und wenn er auffällt, ist es nicht von Vorteil. In der Phase, in der wir uns zur Zeit befinden, in der alle engagierten Journalisten, Politiker, die im Interesse der Menschen arbeiten, Intellektuelle, Demokraten, Menschenrechtler, Gewerkschaftler auf der Zielscheibe stehen, verhaftet und verurteilt werden, ist die Verhaftung von Yusuf Karatas nicht verwunderlich. Es scheint, als ob für jede seiner Tätigkeitsfelder eine andere Strafe vonnöten, damit die Staatsanwälte sich beruhigen können!

Der Staat hat seinem Bürger eine Falle gestellt!

Aus den Fragen, die die Staatsanwaltschaft stellte wurde deutlich, dass Yusuf zwischen 2009-2013 unter „physischer und technischer“ Beobachtung war. Das Groteske an der Sache ist, dass die „Straftaten“, die Yusuf vorgeworfen werden, im Zeitraum der „Taten“ (2008-2013) nicht als Straftat behandelt worden wären. Daher ist auch die technische Beobachtung 2013 eingestellt worden.

Normalerweise müsste rechtlich, bei einer „erfolglosen“ technischen Beobachtung die Akte geschlossen werden und der Beschuldigte frei sein und ihm mitgeteilt werden, dass die technische Beobachtung abgeschlossen wird. Dies ist nicht passiert. Stattdessen sagte sich die Polizei und die Staatsanwaltschaft „wir waren auf einen günstigen Zeitpunkt“ und schlossen die Akten nicht ab. Sie legten sie nur auf die Warteschleife für eine passende politische Stimmung.

Die in 2015 geänderten Terror- und Ausnahmegesetze und die Aufgabe der friedlichen Lösung der Kurdenfrage waren dann Yusufs „Taten“, die früher keine Straftaten waren heute ein willkommener Aufhänger in der neuen politischen Stimmung. Aber selbst im heute geltenden Recht wird er widerrechtlich festgehalten! Und all dies wird auch vor Gericht detailliert diskutiert werden. Ebenso in dieser Kolumne. Wir hoffen, dass Yusuf bald lächelnd und fröhlich mit seiner genauen Art zu arbeiten wieder unter uns sein wird.

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