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Wir erkennen die Verjährung nicht an!

An den Brandanschlag, der vor 19 Jahren im Madimak Hotel in der Provinz Sivas begangen wurde und währenddessen 37 Menschen bei lebendigem Leibe verbrannten, wurde dieses Jahr wieder erinnert. An der Demonstration haben Tausende Menschen teilgenommen. Die Opfer des Anschlags waren Künstler, Schriftsteller und Intellektuelle Menschen alevitischen Glaubens. Die Aleviten sind eine konfessionelle „Minderheit“ in der Türkei mit mehreren Millionen Anhängern

Die Demonstranten erklärten, dass sie das Gerichtsurteil, in dem dieses Verbrechen als „verjährt“ erklärt wurde, nicht anerkennen. Familienangehörige der damaligen Opfer fanden sich vor dem Madimak Hotel ein, das mittlerweile zu einem Wissenschafts- und Kulturzentrum umgewandelt wurde. Sie riefen, „solange dieses Haus nicht zu einem “Scham-Museum” umgewandelt wird, werden wir jeden Tag auf das Neue brennen.” Das Verjährungsurteil des Gerichtes wurde von dem Präsidenten Erdogan beglückwünscht. Die Protestierenden verurteilten dies auf das Schärfste.

 

Wir erkennen die Verjährung nicht an

Menschen überwiegend alevitischen Glaubens reisten aus vielen türkischen und europäischen Städten ein. Auch Organisationen, Parteien und Gewerkschaften fanden sich zu dieser Demonstration zusammen. Den Anfang des Demonstrationszuges bildeten Angehörige der Brandopfer. Ihnen folgten viele Künstler mit ihren Familien und Abgeordnete, Vorsitzende und  Vertreter politischer Parteien wie  EMEK Partisi, BDP und CHP. Auch der SPD Bundestagsabgeordneten van Grünberg (SPD) und Andrej Hunko (Linke) nahmen an der Demonstration teil.

Die Menschenmenge, die unter anderem „Wir erkennen die Verjährung nicht an“ und „Das Licht von Sivas wird nicht erlöschen“ schrien, wurde von der Polizei vor dem Büro des Gouverneurs aufgehalten und aufgefordert, die Demonstration aufzulösen. Nach Gesprächen und Protest wurden die Sperren wieder aufgelöst und der Demozug marschierte bis zum Anschlagsort. Hier wurde gefordert, dass dieses Haus zu einem „Scham-Museum“ umgewandelt werden soll.

 

Familienangehörige: Wir brennen weiter…

Lediglich den Familien der Opfer wurde erlaubt, die Polizeiabsperrung zu passieren und näher an das Haus heranzutreten. Einige Angehörige erlitten Schwächeanfälle. Die Frau des Musikers Nesimi Cimen, Makbule Cimen, zeigte Fotos ihres Mannes und sagte „Ich brenne immer noch, weil ihr die Namen der Mörder nicht hier hinschreibt. Dieses Haus muss ein `Scham-Museum´ werden.“ Sie und viele weitere Angehörige konnten nicht Herr über ihre Tränen und Trauer werden. Ali Simsek, einer der Organisatoren dieser Demonstration, und Vertreter der KESK-Gewerkschaft, sagte: „Anstatt des von uns ersehnten freien, wissenschaftlichen und demokratischen Landes, müssen wir täglich mit ansehen, dass die Menschen unseres Landes ausgebeutet werden, kurdische und türkische Mütter weinen, Blut vergossen wird, Rassismus und Nationalismus geschürt und Kriegspropaganda gemacht wird.“ Simsek betonte in diesem Zusammenhang auch, dass die AKP Regierung die Türkei im Interesse imperialer Mächte an den Rand eines Krieges gegen Syrien treibt.

Kemal Bülbül, ein weiterer Redner, der sich auf die Glückwunsch-Rede von Regierungspräsident Erdogan bezog, fragte: „Der Präsident begrüßte dieses Verjährungsurteil. Haben sie sich nicht geschämt dabei, Herr Präsident?“ und forderte eine Kommission, die diesen Brandanschlag aufklärt.

Hüseyin Karababa, der im Namen der Angehörigen sprach, bedankte sich bei all denjenigen, die seit 19 Jahren unermüdlich sich mit den Angehörigen für die Opfer und für eine lückelose Aufklärung einsetzten.

Die Künstlerin Pinar Aydinlar sprach, „Diejenigen, die auf ein Nachbarvolk in Roboski Bomben fliegen lassen und diejenigen, die den Brandanschlag in Sivas verübten oder zuließen, sind die gleichen politischen Kräfte.“

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