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Wir sind eine Mannschaft, kein Land!

Der Stadtteil Mülheim ist ein Ort mit vielen Gesichtern. Mülheim liegt im Norden Kölns auf der rechten Rheinseite. Die Keupstraße, welche sich in Mülheim befindet, ist als ein Zentrum des türkischen Geschäfts­lebens bekannt.
Entstanden ist die Straße im Rahmen der Industrialisierung des 19.Jhds und trug damals den Namen Wolfstraße. Den Namen hat die Straße an die Witwe des Getreidehändlers Kaspar Keup zu verdanken, die das Kapital für das 1857 dort gegründete Dreikönigen-Hospital stiftete. Als sowohl während der Industrialisierung als auch nach dem zweiten Weltkrieg Arbeitskräfte aus dem Ausland angeworben wurden, war die Keupstraße unter den Arbeitsmigranten ein beliebter Ort. Denn die damaligen Kabelwerke Felten&Guilleaume befanden sich in der benachbarten Schanzenstraße, wo eine große Zahl von Mitarbeitern mit Migrationshintergrund beschäftigt waren. Die vorwiegend türkeistämmigen Arbeiter nahmen die damals sanierungsbedürftigen und teilweise heruntergekommenen Miethäuser, weil diese in der Nähe des Arbeitsplatzes und preisgünstig war.  In den 1970er und 80er Jahren wandelte sich die Straße zu einem sozialen Brennpunkt mit großen Drogenprob­lemen. Nachdem die Drogenszene beseitigt war, mieteten türkeistämmige Migranten leerstehende Ladenlokale an und entwickelten die Straße zu einem türkischen Handels- und Dienstleistungszentrum.
Inzwischen werden von den Lokalbesitzern Vereine gegründet, die Projekte im Interesse ihrer Kinder durchführen. Auch die Fußballmann­schaft FC Keup ist eine Überlegung der Bewohner dieser Straße gewesen. Hier sind einige Eindrücke von Jugendlichen, die die Keupstraße als ihren Lebenmittelpunkt betrachten und in der Fußballmannschaft spielen.

Haydar: Ich heiße Haydar, bin 1988 geboren und komme aus Köln Mülheim. Als Arbeiter bin ich im Krankenhaus tätig. Ich lebe in Mülheim seitdem ich geboren bin.
Was machst du in deiner Freizeit?

In meiner Freizeit hänge ich mit Freunden rum, auf der Keupstraße. Wir spielen Fußball, sehr oft, wie ich schon gesagt habe. Wir haben ja jetzt auch FC Keupstraße gegründet, unsere Fußballmannschaft.  Es gibt sie jetzt seit acht Wochen. Wir sind zufrieden und warten (mit 4 Augen…) auf die Saison. Und dann geben wir Vollgas, bis Kreisliga A, Bezirksliga bis Bundesliga durch!

Warum habt  ihr denn die Fußballmannschaft gegründet?
Das Problem ist ja, dass viele Jugendliche zu Zeit auf schlechten Wegen sind. Daher haben die Eltern von diesen Jungs, 30-40 Leute, vorgeschlagen, diese Mannschaft zu gründen. Wir treffen uns ein, zwei mal die Woche und spielen Fußball.

Spielen auch Deutsche in eurer Mannschaft spielen?
Nein, wir haben keine Deutschen in unserer Mannschaft. Halb-deutsche nur ein paar. Aus Afrika haben wir einen Mitspieler. Die Deutschen sehen die Keupstraße nur als „Ausländer, Türken“ an. Die haben sich bestimmt gesagt „ Sollen die mal spielen…“. Die halten schon Abstand, so interessiert sind die nicht.

Heißt das, dass das Zusammenleben in Mülheim nicht gut ist? Zwischen Ausländern und Deutschen..
Nein, so ist das nicht. Es gibt jetzt keinen Krieg zwischen Deutschen und Türken.  Wir verstehen uns super, ich arbeite auch mit Deutschen zusammen. Auf der Keupstraße wohnen manche deutsche Familien. Wenn du mal in die Südstadt gehst, dort sind dann weniger Türken als Deutsche.  Wir haben nichts gegen Deutsche, wir leben hier und verdienen hier unser Geld.

Ahmet Usta: Ich bin Ahmet Usta, wohne selbst in Mülheim, Keupstraße.  Ich bin tür­ki­scher Abstammung. Ich hab die Schule schon beendet, habe meinen Haupt­schul­abschluss erworben und nach den Sommerferien werde ich meinen Abschluss in der Tages und Abend­schule hier in Mülheim erweitern.

Wie sieht es mit sozialen und kulturellen Möglichkeiten aus?
Man kann in Mülheim beispielsweise türkische Instrumente spielen lernen und Musik machen. Es gibt Musikgruppen.  Und auch Fußball spielen, zum Beispiel wurde jetzt FC Keupstraße neu gegründet.

Wie ist die Beziehung zwischen den deutschen Jugendlichen und Ausländern?

Also ich persönlich achte nicht darauf, aus welchem Land mein Gegenüber kommt. Für uns zählt das Herz und der Charakter, das ist das wichtige. Für mich sind alle Menschen gleich, wie man zueinander ist, ist wichtig. Das Zusammenleben zwischen Deutschen und Ausländern ist genauso wie in anderen Orten. Ich hab deutsche Freunde, türkische Freunde, eigentlich aus jedem Land. Aber als Türke unternehme ich mehr mit türkischen Jugendlichen, aber mit deutschen auch…

Emrah: Mein Name ist Emrah Kahraman­oglu, ich bin 25 Jahre alt. Ich arbeite im Krankenhaus als Transportmitarbeiter.  Ich wohne in Mülheim.

Was macht ihr denn in eurer Freizeit in Mülheim?
In unserer Freizeit spielen wir gerne Karten im Café, Fußball spielen sei es in der Halle oder draußen, Fußball gucken – also viel mit Sport eigentlich. Und Wasserpfeife rauchen, was Jugendliche heutzutage halt so machen.

Was ist der Unterschied zwischen Mülheim und anderen Stadtteilen?

Mülheim ist ein sozialer Brennpunkt mit vielen Ausländern (Türken, Kurden, Araber, Italiener). Krimina­lität, Alkohol, Drogen. Es gibt Menschen die auf der Straße sind und nichts zu tun haben, daher haben wir auch die Mannschaft gegründet. Die Verlockung zur Kriminalität ist halt größer, wenn man nichts zu tun hat.

Wie ist die Beziehung zwischen deutschen Jugendlichen und den aus anderen Ländern?
In der Keupstraße gibt es wenig Deutsche. Wir haben zwar unsere deutschen Bekannte, aber die hier mit uns Fußball spielen weniger. Natürlich haben wir auch andere Nationalitäten bei uns, wir sind eine Mannschaft und kein Land.

Wie ist das Zusammenleben in Mülheim?
Ganz gut, jeder kennt jeden. Man hilft sich gerne, wenn einer Probleme hat. Es wird alles geteilt. Man kann sich also vertrauen.  Und zwischen Deutschen und Türken, wie schon gesagt, die Deutschen kennen die Keupstraße nur zum Essen, Einkaufen.  Ich glaube nicht, dass es irgendwelche Familienbekanntschaften gibt. Mül­heim ist multikulturell.


Okan: Hallo, ich bin der Okan. Bin 16 Jahre alt, gehe auf die Wuppertaler Haupt­schule.

Wie verbringt ihr euer Freizeit hier in Mülheim?
Wir hängen mit unseren Freunden herum, gehe in Cafés, in so genannte Shisha-Bars.  Wir sind oft in der Keupstraße.

Warum habt ihr FC Keup. gegründet, was wollt ihr damit erreichen, bitte beschreiben.

FC Keupstraße ist eine Mannschaft, die für alle Nationalitäten steht, Türken, Kurden oder Araber, das ist kein Thema bei uns. Wir sind alle Brüder, wir wollen es schaffen und so weit bringen, wie es nur geht. Daher haben wir uns die Hand gegeben und diese Mannschaft gegründet.

Was ist der Unterschied zwischen Mülheim und anderen Stadtteilen?
In Mülheim gibt es diese Brüderlichkeit zwischen Türken, Kurden und anderen. Das ist selbstverständlich. Wir haben keinen Kontakt  mit Deutschen, weil wir mit denen nicht so gut klar kommen. Mit Ausländern kommen wir besser klar. Wir sind hier geboren, Mülheim zieht uns eher an als andere Stadtteile.

Wie ist eure Beziehung zu deutschen Jugendlichen und aus anderen Ländern?
Mit den deutschen haben wir nicht soviel Kontakt, wir reden nicht soviel mit ihnen. In der Schule rede ich zwar mit Deutschen aber im Bezug auf Mülheim nicht. Den Grund weiß ich nicht.

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