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WM = Freundschaft der Völker ?

Seit dem 11.Juni läuft die 19. Herrenfussballweltmeisterschaft in Südafrika. Das erste Mal überhaupt, dass ein afrikanisches Land Gastgeber ist. In einem Land, in dem noch vor 20 Jahren die rassistische Apartheid herrschte und noch heute nicht ganz zu überwunden scheint. Die Schere zwischen arm und reich ist in keinem Staat dieser Größe so hoch, wie in Südafrika. Die Arbeitslosenquote liegt nach offiziellen Angaben bei 24 Prozent, inoffizielle Schätzungen etwa bei 34,5 Prozent. Insbesondere die schwarze Bevölkerungsmehrheit lebt abgeschottet von allen Aus- und Weiterbildungschancen des Landes in sogenannten Homelands und Townships, einem Überbleibsel aus der Apartheid, fern ab vom Wohlstand.  Etwa 40 Prozent der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze und muss mit weniger als 2 Dollar am Tag haushalten. Mit 23,5 Prozent HIV-Infizierten belegt Südafrika einen der vordersten Plätze. Da ist es kaum verwunderlich, dass viele Plätze in den eigens für die WM gebauten Stadien unbesetzt bleiben. Es ist nämlich unmöglich für die Einheimischen, die Tickets zu bezahlen, welche sich preislich zwischen 80 und 900 Dollar bewegen.
Aber auch auf dem Rasen bietet die Fußball-WM für genug Gesprächsstoff. Insbesondere die türkeistämmigen DFB-Akteure Mesut Özil und Serdar Tasci stehen im Fokus  der Medien in Deutschland. Die türkischsprachige Medienlandschaft interessiert sich nun nach eigener verpatzter WM-Qualifikation vermehrt für Özil und Tasci. Sie werden nun stellvertretend für die Türkei begeistert gefeiert. Doch als sie sich vor einigen Jahren bewusst gegen die türkische Nationalmannschaft und für den DFB entschieden, war es auch die türkische Presse, die sie mit selber Begeisterung zu Vaterlandsverrätern verurteilte. Ein Türke müsse in der türkischen Nationalmannschaft spielen, so titelten die Zeitungen damals. Doch diese Anschauung entspricht schon längst nicht mehr der Gegenwart. Die Teilnahme zweier türkeistämmiger Fußballspieler im DFB-Dress ist aber auch ein wichtiger Schritt für das Selbstverständnis von türkeistämmigen Deutschen. Darüber hinaus ist der Einsatz von Migranten selbst in der türkischen Nationalmannschaft nichts Neues mehr. So wurde aus dem Brasilianer Aurelio im Nu der unverzichtbare Mehmet.
Doch nicht nur türkische Medien widmen sich den Beiden, sondern auch deutsche Medien. Die Vielzahl verschiedenstämmiger deutscher Nationalspieler hat eine hitzige Diskussion über die Nationalhymne ausgelöst. So befeuerten Fußballlegende Franz Beckenbauer und Bundestrainer Joachim Löw höchstpersönlich mit der Aussage, dass jeder Nationalspieler die Hymne mitsingen sollte, diese Debatte an. Dies macht deutlich, dass die WM, welche von der FIFA als völkerverständigendes Großereignis vermarktet wird, keineswegs der Freundschaft zwischen den Völkern dient, sondern eine weitere Gelegenheit bietet, sich im überhöhtem Nationalgehabe zu suhlen.

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