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Wo bleibt die Menschlichkeit?

 Die Perspektivlosigkeit ist inmitten der Gesellschaft. Sehr viele sind davon betroffen und suchen einen Ausweg. Hier ist ein Beispiel…

Fatih Hayova ist 22 Jahre alt und arbeitet als Fachkraft für Lagerlogistik in Köln. Seit einem Jahr arbeitet er als Lagerist bei der Zeitarbeitsfirma Lux GmbH. Er hat die Realschule mit einer guten Note abgeschlossen und hat jetzt die Fachoberschulreife.

Erzähl uns bitte kurz was zu deinem beruflichen Werdegang.

Ich habe meine Ausbildung im Jahr 2011 abgeschlossen, dann wurde ich, wie viele andere, nicht übernommen. Ich war ein halbes Jahr arbeitslos. Als ich mich arbeitslos gemeldet habe, habe ich nur Angebote für Zeitarbeitsfirmen bekommen. Dann habe ich bei einer Leiharbeitsfirma angefangen. Drei Monate lang wurde ich nur gemobbt, bin gar nicht als Mensch wahrgenommen worden. Ich war nur der Leiharbeiter für sie, mehr nicht. Ich wurde wie eine Maschine behandelt. Deswegen habe ich es dort nur 3 Monate ausgehalten. Nach 3 Monaten habe ich ein Angebot von einer anderen Leiharbeitsfirma bekommen und wurde direkt übernommen. Seit einem Jahr arbeite ich in einem Betrieb in Remscheid. In meinem Betrieb arbeiten 2000 Menschen und davon sind 700 Leiharbeiter.

 

Seit knapp 2 Jahren arbeitest du in Leiharbeitsfirmen. Was sind deine bisherigen Erfahrungen gewesen?

Für mich haben Leiharbeitsfirmen einen einzigen Vorteil, falls man es so nennen kann. Wenn man bereit ist, unter den schlimmsten Bedingungen zu arbeiten, findet man schon einen Job. Nachteile sind: schlechte Bezahlung und- Arbeitsbedingungen. Du bist jederzeit ersetzbar, das heißt, dass du dir keine Fehler erlauben darfst, sonst bist du ganz schnell wieder arbeitslos. Das ist so krass, wo bleibt die Menschlichkeit? Es passiert ganz schnell, dass man einen Fehler macht. Man wird unfair behandelt und die Festangestellten verdienen für die gleiche Arbeit das Doppelte. Jetzt frage ich mich, wo die Gerechtigkeit in Deutschland ist? Sie beuten dich doppelt und dreifach aus. Es gibt so viele Sachen, wo du über den Tisch gezogen wirst. Du musst sogar deine Gehaltsabrechnung genau kontrollieren, es kommt nicht selten vor, dass man sonst abgezogen wird. Ich komme aus einer Arbeiterfamilie. Meine Mutter ist Hausfrau. Mein Vater hat auch lange Zeit als Lagerist gearbeitet. Obwohl er Bandscheibenvorfall bekam, musste er weiter arbeiteten. 6 Kinder werden schließlich nicht von alleine satt. Mein Vater ist momentan im Wachkoma, weil er vor einem Jahr einen Herzinfarkt hatte. Ich denke, durch den Stress auf der Arbeit und die Verpflichtungen zu Hause wurde es zu viel. Nur so kann ich mir den Herzinfarkt erklären.

 

Was ist der Ausweg für dich?

Um Ungerechtigkeit zu vermeiden, sehe ich den Ausweg darin, Zeit- und Leiharbeitsfirmen   abzuschaffen. Aber ich weiß auch genau, dass sie so schnell nicht abgeschafft werden. In der Zwischenzeit verdienen sich die Firmen eine goldene Nase, in dem sie Menschen leiden lassen. Ich bin auch bei der Gewerkschaft organisiert, meiner Meinung nach besteht der einzige Ausweg darin, dass es eine Gewerkschaft gibt, die sich für Leiharbeiter einsetzt. Wir können und müssen auch streiken, damit die Firmen sehen, dass wir nicht zufrieden sind. Alle Leiharbeiter sind unzufrieden, weil es an sicheren Arbeitsbedingungen und Zusammenhalt unter uns fehlt.

Burhan Perişan

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