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Reinigungsfirma will IG BAU in Duisburger Klinik „den Mund verbieten“

Dass Reinigungsunternehmen schmutzige Mittel gegenüber ihren Beschäftigten anwenden, ist hinlänglich bekannt. Doch die Vorwürfe, die die Industriegewerkschaft Bauen Agrar Umwelt (IG BAU) gegen die Reinigungsfirma Malta Clean Service GmbH (MSC) am Duisburger St. Anna-Krankenhaus erhebt, sind beinahe unvorstellbar. Es geht insbesondere um Vorwürfe gegenüber Vorarbeiterinnen im besagten Objekt. Wir berichteten bereits. Insbesondere bulgarische Reinigungskräfte sollen von ihren Vorarbeitern zu unbezahlter Mehrarbeit gezwungen, um einen Teil ihres Lohns erleichtert und zur Weiterarbeit im Krankheitsfall genötigt worden sein. Einen besonders tragischen Fall der Nötigung musste eine junge Kollegin erfahren. Sie berichtet davon, dass sie von einer Vorarbeiterin unter Androhung von Kündigung zur Abtreibung gezwungen wurde.

Um diesen Vorwurf dreht sich nun ein Rechtsstreit zwischen MSC und der IG BAU. Das Unternehmen hat nach den massiven Vorwürfen die IG BAU jetzt per Einstweiliger Verfügung aufgefordert, nicht weiter über bestimmte Geschehnisse an der Klinik zu informieren. Das Landgericht Hamburg hat unter Androhung eines Ordnungsgeldes von 250000 € untersagt, dass der Gewerkschaftssekretär Mahir Sahin und die IG BAU weiterhin die geschilderten Vorwürfe öffentlich machen. Sogar eine Haftstrafe sei ersatzweise möglich. Die Gewerkschaft soll also genau das unterlassen, wozu sie von ihren Mitgliedern aufgefordert wird und worin ihr Zweck besteht: Missstände in der Arbeitswelt aufzeigen und bessere Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten zu schaffen. Das gefällt natürlich nicht allen Unternehmen und Betrieben, insbesondere der MSC nicht, die mit einer der renommiertesten Kanzleien zur Skandalbekämpfung, der Kanzlei Redeker, versuchen die Missstände unter den Teppich zu kehren.

Die IG BAU Rheinland spricht von einem „klaren Einschüchterungsversuch“. Man lasse sich jedoch „nicht den Mund verbieten“. Denn etliche Missstände seien dokumentiert – von Arbeitszeitbetrug über unbezahlten Urlaub bis hin zu Schwarzarbeit. Hierzu lägen eidesstattliche Erklärungen der Betroffenen vor, so die Gewerkschaft. „Statt aber Konsequenzen gegen die Verantwortlichen zu ziehen, betreibt die Firma MCS eine Schmutzkampagne gegen die IG BAU“, klagt Gewerkschaftssekretär Mahir Sahin. Die Öffentlichkeit habe ein Recht zu erfahren, welche enormen Missstände es in der Reinigung am St. Anna gegeben habe, so Sahin. MCS hatte zunächst Aufklärung zugesichert und den Gebäudereinigerinnen versprochen, unter ordentlichen Bedingungen weiterarbeiten zu können. Für Spannung sorge aber, dass auch die beschuldigten Vorarbeiterinnen weiter beschäftigt bleiben sollen – obwohl mittlerweile die Duisburger Staatsanwaltschaft strafrechtlich gegen sie ermittelt. Mahir Sahin: „Für die Betroffenen ist das ein Schlag ins Gesicht. Wie sollen sie unter den gleichen Vorgesetzten weiterarbeiten?“

Martina Dörmann, Sprecherin für die MCS, erklärte: „Wir hatten in der Vergangenheit mehrere Gespräche mit der IG Bau. Um Härtefälle zu vermeiden, haben wir den betroffenen sechs Mitarbeiterinnen angeboten, sie unter verbesserten Bedingungen weiterzubeschäftigen. Die IG Bau stellte allerdings Vorbedingungen, die in die Führungsstrukturen des Unternehmens hineinreichten und allein aus rechtlichen Gründen nicht zu erfüllen waren. Nach unserer internen Untersuchung und nach uns vorliegenden eidesstattlichen Erklärungen bestehen erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Großteils der Vorwürfe. Wir würden es sehr begrüßen, wenn wir das Gespräch mit der IG Bau auf der Basis der bislang vorliegenden Fakten weiterführen könnten.“

MSC versteckt sich hinter Formalitäten und Gesetzen, die ihre Vorarbeiterinnen an vielen Stellen selbst gebrochen haben sollen. Ihre Taktik lautet wohl erst mal Zeit über die Sache verstreichen zu lassen. Doch die IG BAU fordert das Unternehmen auf, sich nicht hinter die Beschuldigten zu stellen. „Für die Beschäftigten gibt es erst dann Gerechtigkeit, wenn sie nicht mehr die Willkür ihrer Vorgesetzten fürchten müssen“, so Sahin. Die Vorarbeiterinnen sollen die Unwissenheit über ihre Ansprüche und finanzielle Abhängigkeit zu der Beschäftigung der Kolleginnen ausgenutzt und diese ausgebeutet haben. Ob MSC von diesen Praktiken nicht unterrichtet war, bleibt zweifelhaft. Bis auf weiteres werde die Gewerkschaft weiter über den Fall informieren. Gegen die einstweilige Verfügung werde Widerspruch eingelegt.

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