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Ästhetische Korrekturen bei der SPD

Der SPD-Vorstand beschließt Abkehr von Hartz IV und will dennoch in der großen Koalition bleiben. Also ganz durchdacht hört sich das nicht an. Große Sprüche von Erneuerungsprozessen, die beispiellos in der Geschichte der SPD seien, machen die Katze auch nicht zum Tiger!

Bei einer Klausurtagung stimmten zumindest Nahles und Konsorten, die die Agenda Politik geschmiedet und bis dato getragen haben, für ein Konzept zur Reform des Sozialstaats. Hartz IV soll darin durch ein sogenanntes Bürgergeld ersetzt werden. Wer lange in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, soll nicht mehr so schnell auf das Hartz-IV-Niveau fallen und bis zu drei Jahre Arbeitslosengeld bekommen. Derzeit fallen Betroffene nach 12 oder 24 Monaten in die Sozialhilfe. Ab 58 Jahren soll dies erst nach 33 Monaten der Fall sein. Außerdem soll der Mindestlohn 12 Euro betragen und eine Kindergrundsicherung „aus einer Hand“ eingeführt werden, die einfach und digital beantragt werden kann. Sanktionen für jüngere Arbeitslose sollen aber unangetastet bleiben, würde ja sonst zu Faulheit anregen, denken die Sozialdemokraten wohl?

Sag mal, für wie blöd muss man eigentlich die Menschen halten, wenn linke Hand wegsieht, was rechte Hand tut? Wie aufrichtig kann das Ganze sein, wenn die SPD dennoch als Regierungspartei bleiben und jegliche neoliberale Staatspolitik mittragen möchte. Hat die SPD aus den Umfragetiefs wirklich nichts gelernt? Vor zwei Jahren, mit dem Schulz-Hype wären diese Beschlüsse vielleicht noch ein bisschen als glaubwürdig angenommen worden, aber mir nichts dir nichts aus heiterem Himmel? Wer es glaubt, wird selig.

Nichts als Fassade und Schminke, die die SPD auch nicht mehr retten werden. Den Strohhalm, an dem sie sich hätten noch festhalten können, haben sie längst verpasst. Die Partei der Arbeiter und der Geringverdiener versucht mit letzter Kraft die Stimmen, die sie insbesondere in den letzten 16 Jahren verloren hat wieder zurück zu gewinnen. Das geht aber nicht so leicht wie gedacht.

Jemand sollte Nahles und der SPD-Führung mal sagen, dass man Hartz IV und ihre Auswirkungen nur dann nachhaltig bekämpfen kann, wenn man die Deregulierung des Arbeitsmarktes, Minijobs und Leiharbeit abschafft. Was anderes wäre nur Ästhetik und Färberei ohne Inhalt und Substanz. Die Menschen wollen keine Almosen, sie wollen eine Tätigkeit und genug Lohn, um davon leben zu können.

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