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Bildungsalternativen leben!

Kaan Kangal

Das Bildungscamp von Studierenden für Studierende hat in der letzten Juniwoche in München stattgefunden. Es ist ein Festival für freies Lernen und Leben mit dem Ziel, auf dem Universitätscampus der LMU ein Forum zu schaffen für Kreativität, Kunst, Diskussionen, Tanz und Theater. Es soll alles geboten werden, was ganzheitliche und selbstbestimmte Bildung ausmacht. Außerdem ist das Camp eine Begegnungsstätte für verschiedene Kulturen und Lebensentwürfe, wo sich die Leute kennenlernen können, um über diverse Themen zu diskutieren. Wir haben mit TeilnehmerInnen und OrganisatorInnen gesprochen und sie nach ihren Eindrücken über das Camp gefragt.

 

Raphael (Student):  Das Bildungscamp ist letzten Endes ein Bildungsfestival. Wir sind eine Woche vor der Universität und wir möchten allen Schülern, Studierenden und Azubis zeigen, dass das Bildungssystem ganz sicherlich verbesserungsfähig und bei weitem nicht das Beste ist, was es geben kann. Tagsüber haben wir Workshops zu verschiedenen bildungspolitischen Themen. Abends gibt es Theateraufführungen, Kabaretts und Konzerte. Wir möchten für ein besseres Bildungssystem demonstrieren, indem wir zeigen, wie wir es uns vorstellen. Das, was wir machen, ist eigentlich nichts anderes, als das, was wir wollen. Der Grund, wieso ich das Bildungscamp mitorganisiere, ist, dass es sehr viel Spaß macht und ich diejenigen, welche sich darüber keine Gedanken machen, informieren möchte.

 

 

Sophie (Studentin): Ich habe sehr viele kreative Darbietungen, Diskussionen und viele junge Leute erwartet, die für ein gemeinsames Ziel kämpfen, vor allem bildungspolitische Auseinandersetzungen. Diskussion über die derzeitige Bildungspolitik und Alternativen, klare Stellungsnahmen über Studiengebühren und Brennpunkthemen habe ich mir vorgestellt. Ich glaube, dass diejenigen, die am Bildungscamp teilnehmen, sich mehr an den Workshops engagieren sollten. Dennoch finde ich, dass die Teilnehmerzahl in Betrachtung auf die Wichtigkeit der Veranstaltung zu gering ist.

 

 

Conrad Schuhler (Ökonom, Workshop-Referent): Zwischen aktueller Wirtschaftskrise und Bildungskrise gibt es einen generellen Zusammenhang, der darin besteht, dass die heutige Wirtschaftsordnung sehr profitorientiert ist, weswegen Jugendarbeitslosigkeit bei uns relativ hoch ist und die Investitionen in das Bildungssystem gering gehalten werden. Das ist alles widersinnig, wenn man die mittelfristigen Interessen des Kapitals anschaut. Es überwiegt das Interesse am kurzfristigen Profit. Dazu kommt die Krisenhaftigkeit des Systems. Die einzelnen Krisen sind jetzt in einer allgemeinen Krise gebündelt und sie lässt alles zurücktreten, außer der Forderung, die alltäglichen Probleme zu lösen. Die Hoffnung der herrschenden Klasse ist es, alles billiger zu bekommen, indem man z. B. den grünen Kapitalismus in dem Sinne entwickelt, dass man Akademiker aus anderen Ländern herholt. Globalisierungsargument ist in dem Gesichtspunkt ein Vorwand, die hiesige Bildung zu torpedieren. Man brauche keine eigenen Hochqualifizierten, weil man welche billig aus anderen Ländern importiert. Dieser Gedanke ist unmoralisch gegen die eigene Jugendgeneration. Es wird ganz sicher mit dem wachsenden, internationalen Protest der jungen Menschen zunehmen, dass man sein eigenes Bildungssystem ganz anders ansieht.

 

 

Oliver (Studienanfänger): Die Standardisierung des Lernstoffs, das unbedingt nach irgendwelchen Mitteln gemessen werden muss, empfinde ich als Problem in der Bildungspolitik. Es wird viel auswendig gelernt und wenig differenziert gedacht. Ich habe nicht gewusst, dass so etwas wie das Bildungscamp stattfindet und bin zufällig vorbeigelaufen. Ich habe gerade an einem Workshop teilgenommen, in dem über die Euro-Krise diskutiert wurde. Ich fand es sehr interessant und informativ.

 

 

Laura Schimmel (Studentin): Der Grund, wieso ich das Bildungscamp mitorganisiert habe, ist, dass wir als SDS freie Bildung möchten, die für jeden zugänglich ist, angefangen von Studierenden für Studierende oder auch Azubis und SchülerInnen. Genau das wird hier gelebt. Es gibt Zelte, in denen jeder an den Workshops teilnehmen kann, indem ein breites Angebot gestellt wird. Außerdem ist es ein breites Bündnis bestehend aus Studierendenvertretungen der Universitäten, die versuchen, hier etwas auf die Reihe zu stellen. Es ist Zeit, dass man versucht, gemeinsame Angriffspunkte zu bekommen. Dieses Jahr ist das Bildungscamp organisierter, als im vergangenen Jahr. Jetzt haben wir zum Beispiel ein Infozelt, wo die Leute hingehen können, um sich über das Programm zu erkundigen.

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