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Bundeswehr in der Mitte der Gesellschaft

Seyda Kurt

„Mutbürger in Uniform“ nannte Bundespräsident Joachim Gauck vor kurzem Soldaten der Bundeswehr. Ein Versuch, ihnen somit das Image eines herkömmlichen Bürgers zu verpassen. Tatsächlich wird schon lange mit allen Mitteln versucht, die Bundeswehr und ein militärisches Weltbild so gut wie möglich in die Gesellschaft zu integrieren. So unauffällig und schweigend wie möglich. Ein Einblick:

Bundeswehr in den Schulen:

Rekrutierung im Klassenzimmer ist schon lange kein No-Go mehr. Jugendoffiziere in ganz Deutschland sind im Auftrag des Kultusministers unterwegs, um Schülerinnen und Schüler für ihren „Beruf“ zu begeistern. Sitzungen des Nato-Rates werden simuliert und im extremsten Falle durch Besichtigung von militärischen Einrichtungen und Vorführungen von modernen Kriegsgeräten ergänzt.

Bundeswehr an den Universitäten: 

Mehr als 95% der 2000 Offizieranwärter erhalten eine Studienzusage. So stellen sich die Universitäten der Bundeswehr als Alternative zu den mangelnden Plätzen der staatlichen Universitäten dar. Und auch die Studiengebühren werden vollkommen übernommen, damit Studenten nicht auf BaföG oder Nebenjobs angewiesen sind. Während also herkömmliche Studenten für ein gewöhnliches Studium viel Geld investieren müssen, das ihnen meistens fehlt, werden Studenten der zwei Universitäten der Bundeswehr hier stark bevorzugt.

Frauen bei der Bundeswehr:

Von 244 Soldatinnen im Januar 2001, ist heute die Zahl der weiblichen Soldaten fast 16.000 mit einer stark ansteigenden Tendenz. Bis 2006 waren sie noch nur als Ärztinnen oder Sanitäterinnen zugelassen. Jedoch entschied der Europäische Gerichtshof nach einer Klage auch Frauen zum Waffendienst zuzulassen. Am 2. Januar 2001 rückten die ersten 244 Soldatinnen in die Kasernen ein. Zwar haben sie innerhalb der Bundeswehr immer noch mit Diskriminierung und Sexismus zu kämpfen, doch plant die Bundeswehr, mehr Frauen für den Dienst zu gewinnen. Unter anderem durch die Bemühungen, Familie und Beruf vereinbar zu machen. Wo die Politik also bei anderen Jobs bei Förderung der Gleichstellung noch hapert und lieber vorerst ein Betreuungsgeld einführt, ist man bei der Bundeswehr bemüht darum, so viele Frauen wie möglich ansprechen zu können.

Bundeswehr als Berufsalternative:

Laut Verteidigungsminister De Maiziere macht die Kameradschaft, der Dienst an der Gemeinschaft und der Patriotismus einen Beruf bei der Bundeswehr so besonders. Auch wenn man diese Bezeichnung direkt aus einer Zeit von vor 65 Jahren hätte übernehmen können, spiegelt sie doch die Wahrheit wieder: besonders alternativlose Jugendliche sind für die Bundeswehr ein geeigneter Köder. „Vorteil“: Man muss der Bundeswehr nicht nur mit einem Dienst an der Waffe dienen, sondern kann vielfältige Jobs annehmen. So sinkt auch die Hemmschwelle, die einen oder anderen vielleicht daran hindert, im Namen der Bundeswehr an einem Krieg beteiligt zu sein. Es gibt drei Laufbahnen: Mannschaften, Unteroffiziere und Offiziere. Sonstige Berufe sind Sanitäter, Experten des Luftverkehrs, Freiwillige und Wehrdienstleistende oder auch IT-Verantwortliche. Eine mittlere Reife reicht dabei für den Start in eine Offizierslaufbahn. Wieder gibt es lauter finanzielle Vorteile: Heilfürsorge oder auch Lohnzuschuss für jedes Kind, das der Auszubildende versorgt. Hinzu kommen die von De Maiziere angestrebte Reformen: Zulagen für Arzte und Minentaucher, besser Bezahlung bei langen Diensten und vieles mehr.

Dennoch wird der Soldatenberuf in erster Linie ein „Jungens-Job“ bleiben. Zwar werden noch einige Mädels dazukommen und daran werden sich die Jungs gewöhnen, aber vom grundsätzlichen Interesse her, wird das wahrscheinlich ein männlich dominierter Beruf bleiben.

Dafür spricht die Wahl der Studienfächer an den Bundeswehrhochschulen. Während männliche Offiziersanwärter dort vor allem technische Fächer wählen, tut das von den Frauen nur jede dritte. Geistes- und Sozialwissenschaften, aber auch Sport stehen für die Soldatinnen im Vordergrund. Karrieren gerade bei Luftwaffe und Marine aber machen viel eher Techniker.

So gab es bis Januar 2005 im Sanitätsdienst zwar 1104 weibliche Offiziere – gegenüber 2158 männlichen. In der übrigen Truppe aber standen 510 Frauen in den Offiziersrängen 32.685 Männern gegenüber. Bei den Unteroffizieren – ohne Sanitätsdienst – sind es knapp 5000 Frauen und fast 100.000 Männer.

 

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