Written by 15:42 HABERLER

Das Gesetz für „Innere Sicherheit“

türkei

Das neue Gesetz zur „Inneren Sicherheit“ wird von der AKP-Regierung auf die Agenda des Parlaments gesetzt. Die AKP hat eine neue Methode entwickelt, mit der sie neue Gesetze durchdrückt. Wenn sie irgendein Thema stört, bringt sie kurzfristig einen neuen Gesetzentwurf ins Plenum, um sich des Problems zumindest für eine begrenzte Zeit zu entledigen. Sie schert sich nicht um die Frage, ob z.B. das Gesetz verfassungskonform ist oder gegen internationales Recht verstößt. Wichtig ist für sie, das Problem zumindest für eine begrenzte Zeit aus der Welt zu schaffen.

Die wichtigsten Beispiele für diese Methode sahen wir bei dem Korruptionsskandal im Dezember 2013. Um zu verhindern, dass die Minister und deren Söhne verhaftet werden, hat man Gesetze geändert, die die Beschaffung von Beweismitteln betreffen. Als im Zuge der Ermittlungen das Verfahren eingestellt wurde, wurden die Änderungen zurückgenommen und das ursprüngliche Gesetz wieder eingeführt. Genauso wurde auch im Falle der Gesetzesänderungen betreffend die Zusammenstellung des Hohen Rates von Richtern und Staatsanwälten sowie bei Verwaltungsgerichtsbarkeit verfahren.

Jetzt wollen sie neue Gesetze durchdrücken. Warum brauchen sie diese neuen Gesetze? Die AKP geht davon aus, dass es in der nächsten Zeit zu Massenprotesten kommen wird. Wahrscheinlich wird es im Vorfeld der Parlamentswahlen im Juni 2015 wie im Dezember 2013 zu neuen Korruptionsvorwürfen und Ermittlungsverfahren kommen. Deshalb wurden zunächst neue Mechanismen eingeführt, mit denen die sozialen Medien strenger kontrolliert werden sollen. Mit den Gesetzesänderungen versuchen sie, die Verbreitung von Informationen in sozialen Medien innerhalb kürzester Zeit zu verhindern. Jetzt geht es ihnen darum, Massenproteste im Keim zu ersticken.

Alle wissen, wie grotesk der vorliegende Gesetzentwurf ist. Das Mitführen einer Handfeuerwaffe soll mit einer einjährigen Freiheitsstrafe geahndet werden. Wenn man aber einen Steinschleuder dabei hat, drohen zwei Jahre Haft; vier Jahre, wenn man sich auf einer Demonstration vermummt. Auch bezüglich der Hausdurchsuchungen oder Festnahmen durch die Polizei sind weitere Verschärfungen vorgesehen.

Als Begründung für die Gesetzesverschärfungen werden die Solidaritätsdemos mit Kobane vorgeschoben. Mit dem neuen Gesetz sollen ähnliche Aktionen verhindert werden. Dabei wurde bei den genannten Protesten und auch davor alles unternommen, was man mit dem neuen Gesetz bezweckt. Und zwar so, dass die Regierung und die unter ihrem Einfluss stehende Justiz gegen bestehendes Recht verstieß. Ein Student, der ein Posu (kurdisches Halstuch) getragen hatte oder Jugendliche mit Steinschleudern in der Hand, wurden wegen Unterstützung einer Terrororganisation zu langen Freiheitsstrafen verurteilt. Das Ziel der Gesetzesverschärfungen, neue Massenproteste zu verhindern, wird man also damit nicht erreichen können.

Wie bei den Kobane-Demos oder den Gezi-Protesten können weder Gesetze, noch Wasserwerfer Millionen von Menschen aufhalten. Die Herrschenden, die heute gerne eine neue Diktatur aufbauen wollen, glauben wie alle Diktatoren, sie könnten ihr Unterdrückungs- und Ausbeutungsregime mit Repressionen aufrecht halten. Und weil sie Angst vor dem haben, was sie nach ihrem Sturz erwartet, möchten sie sich mit allen Mitteln an der Macht halten. Darauf müssen sich also die organisierten Kräfte einstellen.

Kamil Tekin SÜREK

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