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„Der 29. ist zumindest der Auftakt“

 

Dr. Ulrich Schneider, der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, eines der größten Sozialverbände in Deutschland, hat unsere Fragen bezüglich der bundesweiten Aktionen “umFAIRteilen” beantwortet.

 

Herr Schneider, wie groß ist die Kluft zwischen Arm und den Reich in Deutschland?

Schneider: In Deutschland waren wir noch nie wie heute so tief gespalten zwischen Arm und Reich. Wir haben heute die Situation, dass die Reichsten zehn Prozent fast zwei Drittel des gesamten Vermögens auf sich vereinigen, während am unteren Ende der Skala die Schulden der Menschen wachsen. Das ist die Situation und die muss geändert werden.

 

Wie kann das denn geändert werden?

Schneider: Das hat schon sehr viel mit Umverteilung zu tun, wenn wir das Problem lösen wollen. Wir haben in Deutschland ein Bedarf in öffentlichen Haushalten von rund 40 Milliarden Euro. Hinzu kommen viele soziale Probleme, auf die wir uns einstellen müssen, auch das kostet Geld. Um eine Chance zu haben, diesen Sozialstaat nachhaltig zu finanzieren, müssen diejenigen, die viel Reichtum haben, stärker besteuert werden.

 

Wen trifft die Verarmung am stärksten?

Schneider: Beim letzten Sparprogramm, wie sie etwa im Jahr 2010 im Sommer beschlossen worden ist, waren es vor allem sozial Schwache, bei denen gekürzt wurde. Es waren Projekte für langzeitarbeitslose Menschen, Eingliederungshilfen, es waren aber auch die jungen Mütter in Hartz IV, denen das Elterngeld ersatzlos gestrichen wurde. Auch Menschen, die auf Wohngeld angewiesen waren, waren betroffen. Wir haben schon eine deutliche soziale Schieflage, wenn es um Haushaltspläne in Deutschland geht. Bei den Migranten müssen wir feststellen, dass die Programme, die auf Bundesebene gefahren werden, zum Glück bisher relativ unangetastet geblieben sind. Das hängt sicherlich damit zusammen, dass man parteiübergreifend erkannt hat, dass die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund einer der wichtigsten Aufgaben ist. Aber natürlich gibt es auch hier noch viel zu tun.

 

Ist das eine einmalige Aktion am 29.09.? Wie soll es danach weitergehen?

Schneider: Der 29. ist zumindest der Auftakt. In vielen Städten werden Menschen auf die Straße gehen und bis voraussichtlich Sommer 2013 werden noch eine ganze Reihe von Aktionen stattfinden. Unser Ziel ist, dass auch der Letzte begreift: Deutschland kann seine Probleme bewältigen mit einer solidarischen Finanz- und gerechten Sozialpolitik.

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