In Köln fand eine der größten rechten Demonstrationen der vergangenen Jahre in Deutschland statt. Es ist kein Zufall, dass diese Demonstration eskalierte und in eine Gewaltorgie ausartete.
Es ist lediglich wieder einmal offensichtlich geworden, welches Gewaltpotenzial hinter dem rechten Gedankengut steckt. Nach dem ersten Schock gibt es nun eine Diskussion darüber, wie es zu so einer Demo kommen konnte und was nun folgen soll.
Zunächst lässt sich feststellen, dass die Behörden nichts aus der NSU-Mordserie gelernt haben. Wieder wird die Gefahr von rechts verharmlost und teilweise wird sogar Ausländern die Schuld an der Eskalation gegeben. So unterstrichen einige Behördenvertreter, dass die Neofaschisten zwar die Anmelder gewesen seien, aber nur einen Bruchteil der Demonstrationsteilnehmer stellten und diese keinesfalls gelenkt hätten. Außerdem sei die Demonstration eigentlich friedlich verlaufen bis einige Ausländer die Teilnehmer provoziert hätten. Ganz anders berichten Journalisten, die die Demonstration – besser gesagt Gewaltexzesse – live mit verfolgt haben, dass zwischen den auf der Demo vertretenen Gruppen rassistisches Gedankengut verbreitet waren und alle Teilnehmer an den gewalttätigen Ausschreitungen teilgenommen hätten.
Teilweise wird sogar die Tatsache, dass auch eine Handvoll Menschen mit Migrationshintergrund dem Aufruf von HoGeSa gefolgt sind, nun als Argument dafür verwendet, dass es sich nicht um eine rechte, sondern lediglich um eine gewaltverherrlichende Demonstration gehandelt habe. Dabei ist aber klar, dass die auf der Demo gerufenen Parolen und die zur Schau getragene Gesinnung der Teilnehmer, keinen anderen Schluss zulassen, als dass es sich um eine rechte Veranstaltung gehandelt hat. Wenn einzelne Migranten dem auf den Leim gegangen sind, ändert das nichts an dem Charakter der Veranstaltung und der Tatsache, dass die Kritik am Salafismus lediglich ein Vorwand für übelste rassistische Hetze war.
Die Demonstration hat aber auch gezeigt, dass es zwischen dem Vorgehen der IS im Nahen Osten und den Neofaschisten hier durchaus Ähnlichkeiten gibt. So hat auch der IS mit brutaler Gewalt auf sich aufmerksam machen wollen, um alle Menschen in Angst und Schrecken zu versetzen und den Widerstand einzudämmen. Erst der organisierte Widerstand der YPG und der Bevölkerung von Kobane und Rojava hat sehr deutlich gemacht, dass dieser brutalen Gewalt auch Grenzen gesetzt werden können. Auch in Köln haben Rassisten der Gewalt freien Lauf gelassen. Auch für Neofaschisten ist Gewalt nicht lediglich Mittel, sondern Charakter ihrer politischen Arbeit. Was in Deutschland wirklich erschreckend ist, ist die Haltung des NRW Innenministeriums und der Sicherheitsbehörden.
Man muss sich wieder die Frage stellen, ob es wieder Blindheit gegenüber der rechten Gefahr war oder ob man wieder sehenden Auges die Vorkommnisse in Köln hat geschehen lassen. In jedem Fall, ist das Agieren der Behörden untragbar und erfordert den Protest aller demokratisch gesinnten Menschen.
In den Ohren derjenigen, die Zeugen der Gewaltexzesse wurden, muss es wie Hohn geklungen haben, dass der Innenminister ein Tag nach der Demonstration dreist behauptete, die Polizei habe genau richtig gehandelt. Dies ist ein weiteres Armutszeugnis dieser Landesregierung. Als Opposition ist es natürlich richtig, auf diese verfehlte Politik der Landesregierung Kraft hinzuweisen und gar den Rücktritt des Innenminister Ralf Jäger zu verlangen, doch es würde nicht weit genug gehen, an diesem Punkt stehen zu bleiben. Vielmehr muss auf die grundsätzlichen Probleme eines Staatsapparates, der relativ offen rechte Strukturen duldet und bisweilen sogar unterstützt, hingewiesen werden.
Özlem Alev Demirel
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