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Deutschland mit der größten Kluft zwischen Arm und Reich

Armundreich

„Deutschland geht es gut! Wir sind gestärkt aus der Krise gekommen“ Mit diesen Worten leitete die Bundeskanzlerin in den letzten Monaten zahlreiche Erklärungen und Reden ein. Und tatsächlich verfügen die Deutschen nach den Berechnungen einer neuen Studie des Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) über ein Nettovermögen von 6,3 Billionen Euro. Das sind etwa 500 Milliarden Euro mehr als vor 10 Jahren. Somit verfügt jeder erwachsene Deutsche durchschnittlich über ein Vermögen von gut 83.000 Euro.

Soviel Geld hat aber nur etwas mehr als das reichste Viertel der Bevölkerung. Fast 30 Prozent haben gar kein Vermögen oder sogar Schulden. Dementsprechend liegt der Medianwert, also der Wert der die reichsten 50 Prozent von der ärmeren Hälfte trennt auch nur bei 17.000 Euro. Es sind also wenige Superreiche, die den Durchschnittswert nach oben ziehen. Tatsächlich hat das Reichste Prozent der Bevölkerung auch ein Durchschnittsvermögen von etwa 820.000 Euro. In der Studie wird auch deutlich wer sich hinter diesem Prozent verbirgt. So haben Unternehmer mit mehr als zehn Angestellten durchschnittlich ein Vermögen von 952.000 Euro. Beispielsweise Auszubildende und Erwerbslose haben dagegen im Median gar kein Vermögen. Mehr als 50 Prozent von ihnen hat Schulden. Insbesondere die Situation der Erwerbslosen hat sich in den vergangenen zehn Jahren deutlich verschlechtert. Während vor den Hartz-Reformen zumindest einige noch über ein kleines Vermögen verfügten, dass sie sich vermutlich während ihrer Berufstätigkeit angespart hatten, ist dieses mittlerweile auf durchschnittlich etwa die Hälfte reduziert. Und selbst die gelernten Facharbeiter und Angestellte mit einfacher Tätigkeit haben im Median weniger als 10.000 Euro Vermögen.

Diese Ungleichverteilung in Deutschland ist größer als in jedem anderem Land der Euro-Zone. Der die Ungleichheit messende Wert, der sogenannte Gini-Koeffizient liegt in Deutschland bei 0,78. In anderen Ländern wie Frankreich (0,68) oder Italien (o,61) liegt er deutlich niedriger. In den USA (0,87) ist die Vermögensungleichheit allerdings noch höher.

Abgesehen davon, dass sie die Vermögenseinbußen bei den Erwerbslosen richtigerweise auf die Hartz-Reformen zurückführen, sagen die Forscher des DIW allerdings wenig über die Ursachen dieser Entwicklung. Dabei zeigt insbesondere auch der Vergleich mit anderen Ländern, dass diejenigen, die sich im internationalen kapitalistischen Standortwettbewerb besonders gut behaupten, besonders einseitig die Interessen einer kleinen Minderheit bedienen. Hier sammelt sich das Kapital, weil hier besonders gewinnbringend investiert werden kann. Dies geschieht unter anderem durch eine verschärfte Ausbeutung derjenigen, die diese Gewinne erarbeiten müssen, schließlich arbeitet Geld eben nicht selber. Einerseits werden hier Löhne direkt gekürzt und die Sozialleistungen abgebaut und andererseits wird die Produktivität stärker erhöht, um höhere Gewinne und Dividenden an Unternehmer und Kapitalbesitzer auszuschütten. Dies sind dann auch die Personen, die Angela Merkel meint, wenn sie davon spricht, dass es Deutschland gut gehe. Der Mehrheit geht es nämlich offensichtlich nicht gut und auch nicht besser, als vor der Krise.

Ein erster Schritt um dieser Entwicklung etwas entgegenzusetzen, wäre eine stärkere Umverteilung des Vermögens durch Besteuerung von Vermögen. Allerdings hat die SPD diese Forderung, die sie noch im Wahlkampf vertreten hat, bereits vor Beginn der Koalitionsverhandlungen mit der CDU wieder einkassiert. Sie meinte es wohl ohnehin nicht ernst damit. Umso wichtiger ist es, den Druck dafür auf der Straße weiter zu erhöhen. Das UmFAIRteilen-Bündnis konnte in den letzten Monaten durchaus dafür sorgen, dass das Thema wieder stärker diskutiert wird. Dies muss nun aufgegriffen und verstärkt werden. Weitere Aktionen werden derzeit bereits geplant.

 

Nils Böhlke

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