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Die AfD und das Kapital

Alev Bahadır

In den vergangenen Wochen sorgte das Treffen von Theo Müller mit Alice Weidel (AfD) für breite Diskussionen. Müller ist der Hauptanteilseigner der Theo-Müller-Gruppe, der größten Privatmolkerei Deutschlands, die namenhafte Marken, wie Müllermilch oder Landliebe produziert und im Jahr 2022 einen Umsatz von 8,8 Milliarden Euro hatte. Das besagte Treffen fand bereits im Oktober statt, doch erst vor kurzem gab Müller es dem Handelsblatt gegenüber zu und räumte ebenfalls ein, dass es nicht das erste Treffen gewesen sei.

Eine Partei, wie alle anderen?

Zwar erklärte Müller, die AfD (noch) nicht mit Spenden zu unterstützen, doch ließ er verlauten, bei der AfD lasse sich „nicht den geringsten Anhaltspunkt“ für eine NS-Ideologie finden. Dass ausgerechnet Theo Müller den ersten Schritt unternimmt, ist keine große Überraschung. Die Verbindungen des Molkereiproduzenten in die rechte Parteienlandschaft sind bereits seit Ende der 1980er bekannt. 1989 war ein Artikel erschienen, der aufzeigte, dass Müller die rechten „Republikaner“ finanziell unterstütze. Auch wenn Müller und das Unternehmen immer wieder Berichte, nach denen er an die NPD spende, bestritten, macht das Treffen des Milliardärs mit Weidel diese durchaus glaubhafter.

Spenden in Zusammenhang mit der AfD hatten aber schon in der Vergangenheit für Aufsehen gesorgt. So gab es z.B. einen Eklat um den ehemaligen CDU Abgeordneten und Werteunion Vorsitzenden Max Otte. 2020 und 2021 hatte der Politiker der AfD insgesamt 30.000 Euro gespendet, anschließend schlug die rechte Partei ihn für das Amt des Bundespräsidenten vor. Einen Zusammenhang bestritt Otte, die CDU hat ihn schlussendlich ausgeschlossen. Im Januar 2023 erhielt die AfD die bisher größte Einzelspende, die bis jetzt im Jahr 2023 an eine Partei getätigt wurde. Der hessische Bauunternehmer Hartmut Issmer spendete 265.000 Euro an die AfD. Issmer ist ein bekannter Rechter, der bereits bei PEGIDA Ablegern oder den Reichsbürgern auftrat. Die AfD ist immer wieder mit dubiosen und illegalen Spendenpraktiken aufgefallen. So wurden z.B. Wahlkampfhilfen über den „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“ gesammelt, wer dahinter steckt und wie viel gesammelt wurde, ist nicht transparent. Der Immobilienunternehmer und Milliardär Henning Conle hat die AfD mehrmals mit illegalen Spenden finanziert, dabei hatte er die Spenden unerkannt über Strohleute abwickeln lassen. Correctiv berichtet von einem Treffen zwischen der damaligen Parteivorsitzenden Frauke Petry mit Conle, das sie auch zugibt und in dem er der AfD anonyme Finanzierung anbot. Ebenso soll sich Conle mit dem ehemaligen Vorsitzenden Jörg Meuthen getroffen haben, beide schweigen.

Dass die AfD nun also ebenfalls, wie alle anderen Parteien auch, durch Spenden finanziert wird, ist also kein Geheimnis. Doch ist das Treffen eines Inhabers eines Großunternehmens, wie Müller, ein nächster Schritt in die Normalisierung der rechtsradikalen Partei. Nicht umsonst trifft sich Müller ausgerechnet jetzt mit Weidel und gibt es auch zu: das Molkereiwerk im sächsischen Leppersdorf ist der größte und wichtigste Standort der Unternehmensgruppe in Deutschland. In Sachsen, wo der Landesverband der AfD vor kurzem als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft wurde und wo die AfD laut Prognosen ein Wahlergebnis von 33 % bei den Landtagswahlen 2024 erwartet. Wird die AfD also in Zukunft mit steigenden Wahlergebnissen immer mehr wie alle anderen Parteien behandelt?

Wer finanziert wen?

Auch wenn die ganz offensichtliche Einflussnahme und Unterstützung von Parteien durch Großunternehmen viel stärker skandalisiert werden müsste, gibt es, bis aktuell auf die LINKE, im Bundestag keine Partei, die nicht von dem einen anderen Konzern finanziert wird.

Laut aktueller Rechtslage müssen sämtliche Spenden in Höhe von mehr als 50.000 Euro unverzüglich der Bundestagspräsidentin gemeldet werden, die diese dann anschließend veröffentlichen muss. Alles ab 10.000 und unter 50.000 Euro wird im Rechenschaftsbericht zur Parteienfinanzierung veröffentlicht, das jedoch erst nach einer bestimmten Zeit. So ist der Rechenschaftsbericht für 2021 im März 2023 erschienen. Spenden unter 10.000 werden nicht veröffentlicht. Ein Blick in die Großspenden spricht allerdings Bände. Der große Abräumer ist die CDU/CSU. So gab es u.a. in diesem Jahr bereits Spenden von den BMW Hauptanteilseignern, den Geschwistern Stefan Quandt und Susanne Klatten mit je 125.001 Euro oder 65.000 Euro von Klaus-Michael Kühne, dem Mehrheitseigentümer von Kühne+Nagel. Doch auch die anderen Parteien werden von Unternehmen oder deren Großaktionären gefördert. So z.B. die Deutsche Vermögensberatung, der Autovermieter Sixt usw.

Noch halten die größten Kapitalgruppen Abstand zur AfD. Wozu sich in die rechte Ecke stellen, wenn die selbsternannte „Alternative“ noch keine „Volkspartei“ geworden ist? Noch kann man munter die CDU usw. finanzieren, die ebenfalls zur Genüge die Interessen der Großkonzerne vertritt und daraus auch kein Geheimnis macht. Doch wie lange das Schweigen und „Entsetzen“ der Konzerne andauern wird, bleibt bei den rasant steigenden Umfragewerten der AfD abzuwarten. Schließlich vertritt auch die AfD – entgegen ihres Sprechs von „einfachen Menschen“ – nicht die Interessen der werktätigen Bevölkerung, sondern will den Wirtschaftsstandort Deutschland stärken. Und dass all die entsetzten Unternehmen bereit sind, für ihren Profit auf Menschenrechte zu pfeifen, zeigt ihre eigene Geschichte im Hitlerfaschismus. Die BMWs, Siemens‘ und Kühnes sind durch Beziehungen zu den Faschisten und Einsatz von Zwangsarbeitern reich geworden. Der Appell von Innenministerin Nancy Faeser an Unternehmen, die einzig und allein ihrer Profitmaximierung verpflichtet sind, „Haltung zu zeigen“, weil diese Stimmung „Fachkräfte abschrecke“, ist als ob man Skorpione anflehen würde, nicht zuzustechen.

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