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„Die Koalitionspartner wollen dem Bürger Sand in die Augen zu streuen“

ramaswamy

Kann man sagen, dass die Weltklimakonferenz ein Erfolg war?

Dr. Ramaswamy: Im Gegenteil, man kann sagen, dass die Konferenz eine Katastrophe war – mehr als ein Rückschritt. Deutliches Signal dafür war, dass die Umweltorganisationen ausgezogen sind. Auch die parallele Veranstaltung einer Kohlekonferenz zeigt, dass die polnische Regierung an einem Erfolg der Konferenz und einem Fortschritt in der Umweltpolitik nicht interessiert war.

In Wirklichkeit steigen die umweltschädlichen Emissionen weltweit. Es fehlt ganz offensichtlich der Wille, wirklich verändernd zu wirken.

 

Umweltschutz wird in Deutschland groß geschrieben, auf Papier zumindest. Aber sind die gesetzlichen Rahmen wirklich im Sinne der Umwelt und im Interesse der Menschheit?

Dr. Ramaswamy: Nicht einmal auf dem Papier sieht das noch gut aus. Zu offensichtlich sind die Rückschritte, die die neue Regierung ins Auge gefasst hat. Sie betreibt eine unverantwortliche Politik im Sinne der Großkonzerne und der Atomlobby.

Das, was jetzt vereinbart wurde, verhindert den ökologisch-ökonomischen Umbau der Wirtschaft. Die wirkliche unmittelbare Umstellung der Energieversorgung auf dezentrale und erneuerbare Energie bleibt auf der Strecke. Deutschland könnte Vorbild und Vorreiter sein. Das würde weltweit ein Signal sein können.

 

Die Koalitionsgespräche sind vorbei. Man hat auch was zur Energiewende beschlossen. Während z.B. Kohle noch mehr Subventionen erhalten sollen, drohen die Erneuerbaren mit einem Ausbaudeckel ausgebremst zu werden. Was bezwecken die etablierten Parteien?

Dr. Ramaswamy: Der Zweck dieser Vereinbarungen ist, dem Bürger Sand in die Augen zu streuen und ihn zu belügen. Gleichzeitig das Gefühl zu vermitteln, dass die Maßnahmen geeignet sind, die Umwelt zu schützen.

Wir produzieren zu viel Strom und an der falschen Stelle. Atomanlagen gehören stillgelegt.

Die etablierten Parteien (inklusive der Grünen) unterwerfen sich den Lobbyisten in ganz großem Stil. Die Umweltpolitik der deutschen Regierung  ist darauf ausgerichtet, die Gewinne der Energiekonzerne zu sichern. Auf Kosten des einfachen Bürgers.

Bestes Beispiel ist die Einteilung in Schadstoffklassen bei den Automobilen: Ein Konstrukt, das die Autoindustrie direkt der Politik vorgeschrieben hat und vielverbrauchende, schwere Autos gegenüber leichten sparsamen Wagen bevorzugt. Diese Art von Lügen müssen aufhören.

 

Welchen Weg sollte die Politik in Deutschland gehen, damit man die Umwelt nachhaltig retten kann und Klimakatastrophen wie zuletzt auf den Philippinen verhindern kann?

Dr. Ramaswamy: Eigentlich liegen die Fakten auf der Hand. Die Erderwärmung muss gestoppt werden. Diese hat ursächlichen Zusammenhang mit der Katastrophe auf den Philippinen.

Die kapitalistische, auf Profit ausgerichtete Wirtschaftsweise ist einer der Hauptursachen für die weltweite Umweltkrise. Die Politik muss an die Pfründe der Konzerne heran und diese entmachten. Das erfordert eine klare Linie im Sinne der Umwelt. Der Handel mit Zertifikaten gehört abgeschafft, er ermöglicht nur mehr Emissionen, statt sie zu reduzieren.

Konzepte zum öffentlichen Nahverkehr gehören ebenso dazu, wie die Produktion von anderen Antrieben für den Individualverkehr. Alternative Energiekonzepte können die  Autoindustrie revolutionieren und fördern neue Wege der Mobilität.

Es gibt bereits Modelle für eine dezentrale Energieversorgung und eine  Kreislaufwirtschaft, die der Weg in eine nachhaltig erneuerbare und gesunde Wirtschaft ist. Dieser Zusammenhang zwischen Produktionsweise und Umwelt muss stärker in das Bewusstsein der Menschen gerückt werden. Die Menschen müssen sich zusammenschließen und um ihre Welt kämpfen.

 

Dr. Mohan K. Ramaswamy, (Jg 1953) in Wien geboren, Kultur- und Sozialwissenschaftler. 

Geschäftsführer der SCITEM Wissenschaftsagentur GmbH und politisch aktiv in der Umweltbewegung und bei der Piratenpartei Niedersachsen

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