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Die Piratenpartei – Klar machen zum „ändern“?

Onur Kodaş

Eine kleine Partei erobert seit kurzem die deutsche Politiklandschaft. Die sogenannte „Piratenpartei“ ist „der“ Sieger der Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus mit einem Stimmenanteil von 8,9 Prozent. Seither geht es sehr rasant bei den Piraten zu. Sie können sich nicht nur über den florierenden Mitgliederzuwachs freuen, auch ist das Medieninteresse ziemlich groß. Nach der neusten Forsa-Umfrage würden die Piraten sogar mit 8-10 % in den Bundestag ziehen, wenn jetzt schon Bundestagswahlen wären.

Woher dieser Erfolg?

Dieser Erfolg kommt aber nicht von ungefähr. Zumindest ist er logisch erklärbar. Die Partei proklamiert sich als „sozialliberale Grundrechtspartei“. Diese Selbstdefinition ist kein Zufall  und auch nichts Neues. Zur Klärung muss diese Partei in den Kontext der politischen und gesellschaftlichen Ereignisse der letzten Jahre eingebettet werden. Gegründet wurde sie 2006. Doch ihren „Siegeszug“ macht sie erst seit den Bundestagswahlen 2009, bei denen sie zwei Prozent der abgegebenen Wählerstimmen ergattern konnte. Angefangen hatte aber alles mit dem Unmut gegen die Internetzensur. Deshalb wollte sie zunächst ausschließlich eine „Grundrechtspartei“ sein. Der damalige Bundesinnenministers, Wolfgang Schäuble (CDU), brachte damals den Vorstoß zu einem Massendatenspeicherungsgesetz, indem vor allem Aktivitäten aller Internetuser gespeichert werden sollten, um potentielle Terrorgefahren rechtzeitig vorbeugen zu können. Für die Gründer der Piratenpartei war dies unter keinen Umständen hinnehmbar. Und so, wie die Grünen die Umwelt als Gründungsgrund hatten, war der Geburtsgrund der Piraten die Internetzensur. Anfangs wandte sie sich in ihrem Programm ausschließlich gegen Zensur, den Überwachungsstaat, Patente und Urheberrechte und für Datenschutz und freien Zugang zur Bildung und Information. Doch in Zeiten der Weltwirtschaftskrise und der aufkeimenden sozialen Frage musste die Piratenpartei ihr Programm auf weitere gesellschaftliche Themen ausweiten. Gleichzeitig fing die herrschende bürgerliche Politik an, die Lasten der Krise auf die arbeitende Bevölkerung abzuwälzen. Die soziale Unzufriedenheit des „kleinen Mannes“ wurde größer und als logische Konsequenz daraus keimte eine neue Protestkultur. Diese Kultur hat sich bis heute nun weiterentwickelt und sie ist auch ein Stückchen politischer geworden. Das bedeutet, die System- und soziale Frage wird gestellt bzw. wird immer lauter. Dadurch, dass die  SPD, CDU, FDP und die Grünen in dieser Frage nicht mehr glaubwürdig wirken, schreiben sich die Piraten „sozial“ ganz groß auf die Fahne und erwecken den Anschein des „anders seins“, um beim Wähler zu punkten. Dies scheint auch zu fruchten. Demnach sind die Piraten besonders beliebt bei unter 30-Jährigen und wurden in Berlin von 15 Prozent der Männer und 11 Prozent der Frauen in dieser Altersgruppe gewählt

Einfach profillos

So schön die Wahlerfolge auch sind, so muss festgehalten werden, dass die Piratenpartei keine Partei der einheitlichen klaren Linie ist. Vor allen Dingen ist sie keine Alternative zu all den anderen bürgerlichen Parteien. Sie ist eher eine profillose Partei. Am besten zeigt sich dies bei der Frage des Grundeinkommens. Während der Landesverband Berlin sich für ein bedingungsloses Grundeinkommen aussprach, kam es auf dem Bundesparteitag zur großen Diskussion, ob das bedingungslose Grundeinkommen ins Parteiprogramm aufgenommen werden sollte. Statt es mit eindeutiger Mehrheit zu verabschieden, begnügte man sich in dem Punkt mit sehr wässrigen Formulierungen. Von wegen sozial also. Der neugewählte Parteivorsitzende, Sebastian Nerz verdeutlichte, dass seine Partei nicht in das traditionelle Links-Rechts-Schemata einzuordnen sei. Dies sei nämlich überholt. Man verstehe sich als „sozialliberale Grundrechtspartei“, weswegen man auch ehemalige NPD`ler in die Partei aufnahm. Was den sozialen Aspekt der Partei angeht, formuliert die Partei in ihrem Programm: „Recht auf sichere Existenz und Gesellschaftliche Existenz“. Was soll das bedeuten? Ein Harzt-IV-Bezieher existiert auch und lebt auch in dieser Gesellschaft. Kurz gesagt: Die Piratenpartei ist keine Alternative für die arbeitende und arbeitslose Bevölkerung. Sie hat lediglich nur ein aktuelles Thema aufgegriffen, welches sehr gut in den aktuellen politischen Kontext passt und profitiert davon, dass die übrigen Parteien ihre Glaubwürdigkeit in punkto Soziales verloren haben. Etwas ändern wollen und werden sie nicht!

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