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DITIB: Die staatliche Religionsgemeinde

Ceyda Tutan

Inzwischen festigt sich der Tatbestand, dass die DITIB (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion), die seit Jahren in Deutschland als größte türkische Nichtregierungsorganisation (NGO) gilt, in Wahrheit keine zivile Gesellschaftsorganisation, sondern eine staatlich gesteuerte Religionsgemeinde ist.

Die DITIB wurde 1984 in Köln gegründet. Ihre Mission war es, auf der Basis des Islams und der nationalen Zugehörigkeit zum sogenannten „Türkentum“ die im Ausland lebenden Türkeistämmigen zu organisieren. Seit dem AKP-Machtantritt 2002 wurde die DITIB vollständig der Anstalt für Religionsfragen, der Diyanet, untergeordnet. Somit konnte die AKP vor allem in allen europäischen Ländern ihren Einfluss ausbauen.

Von 1984 bis 2014 wurde der Vorstandsvorsitzende der DITIB immer von der türkischen Botschaft in der Hauptstadt Bonn bzw. Berlin bestimmte Berater für Religionsangelegenheiten gewählt. Die satzungsmäßigen Hauptversammlungen mit Vorstandswahlen waren lediglich pro forma. Somit wurden teilweise Menschen gewählt, die noch nie ein DITIB-Delegierter gesehen hatte. Zwischen 2012 und 2014 wurde zum Beispiel Prof. Izzet Er, der in Paris lebte, Vorstandsvorsitzender der DITIB in Deutschland. Diese Vorgehensweise entspringt der Bedingung, dass der Vorsitzende der DITIB ein Angestellter der Diyanet sein muss und eine andere Wahlmöglichkeit somit nicht existiert.

“Spitzelimame” Ausnahmen?

Vom Vorsitzenden des Hauptsitzes bis zum Buchhalter oder Hausmeister und jeder Einzelne der über 900 Imame in den bundesdeutschen Moscheevereinen sind Angestellte von Ankara und halten die DITIB am Leben. Die in der Türkei ausgebildeten und nach Deutschland versandten Imame vertreten direkt die Interessen der Diyanet in der Gemeinschaft. Sie stärken in ihren Moscheegemeinden die türkisch-islamische Ideologie, gleichzeitig ist jeder Imam ein wichtiger Akteur für den Import der AKP-Ideologie nach Deutschland und eine Nachrichtenquelle für die Auslands- oder Europapolitik der AKP. Nach dem Putschversuch im Juli 2016 kam nun ein “Spitzelauftrag” für die Imame. Prof. Dr. Halife Keskin, der Auslandsvertreter der Diyanet, forderte von den Boschaften, deren Attachées für Religionsangelegenheiten und den Imamen mit einem Dekret ausführliche Berichterstattung über Mitglieder der Gülenbewegung in den Gemeinden.

Nachdem die Spitzeltätigkeiten der Imame in die Öffentlichkeit kamen, wurden mehrere wieder in die Türkei beordert und eine Anklage in Deutschland wurde somit umgangen.

Gegen vier Imame wird ermittelt

Nach langen Ermittlungen gegen Imame durchsuchte die Polizei nun die Wohnungen von vier Geistlichen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Die Razzien seien von der Bundesanwaltschaft in Auftrag gegeben worden. Alleine in Nordrhein-Westfalen seien Spionagetätigkeiten von 13 Imamen festgestellt worden. Diese sollen von über 33 Personen und 11 Bildungsinstituten Informationen in die Türkei weitergeleitet haben, die vermeintlich der Gülen-Bewegung angehören sollen. Die deutschen Behörden gaben ebenfalls bekannt, dass auch in Rheinland-Pfalz in 3 Moscheegemeinden Gemeindemitglieder ausspioniert wurden.

Was wird Deutschland machen?

Ein Großteil der bespitzelten Gülen-Anhänger und Erdogan-Kritiker lebt in Deutschland. Bereits früher hatte unsere Zeitung darüber berichtet, dass über 6000 Menschen für den türkischen Geheimdienst MIT in Deutschland spionieren würden, was von deutscher Seite wenig Beachtung fand, außer dass kürzlich einige Festnahmen stattfanden. Inzwischen verhandeln die Türkei und Deutschland – damit nicht noch mehr Informationen des Skandals veröffentlicht werden – auf verschiedenen Ebenen. Es ist offensichtlich, welche Ziele die Türkei mit der DITIB verfolgt. Doch was wird Deutschland nun tun? Obwohl man von Anfang an wusste, dass DITIB eine staatliche Organisation ist, erwartet Deutschland nun mit der Begründung der „Spitzelimame“ eine Distanzierung zum türkischen Staat und der AKP Regierung. Anscheinend ist Deutschland nicht zu mehr in der Lage, als sich auf der Nase herumtanzen zu lassen! Deutschland sollte, statt die DITIB weiterhin finanziell zu unterstützen und sie als NGO-Partner auf Augenhöhe zu sehen, einen klaren Strich ziehen und sich von ihr distanzieren! Jedoch kommt Deutschland auch eine besondere Rolle dabei zu, den Menschen, die sich wegen ihres Glaubens an die DITIB binden, zu helfen, die Wahrheit über diese Organisation zu erkennen. Falls dies erfolgreich gemacht wird, können die Glaubensgemeinschaften sich in Zukunft davon befreien, die “Hinterhöfe der politischen Parteien in der Türkei” zu sein.


EINSCHULUNGSZEREMONIE IN DER MOSCHEE

Diyanet, die Religonsbehörde der Türkei, fordert die DITIB in Deutschland auf, ein “Antrittsgebet zur Einschulung” zu zelebrieren. Das sei aus pädagogischer Sicht wertvoll. Die Zeremonie soll von der DITIB als Alternative zu ähnlichen kirchlichen Einschulungszeremonien durchgeführt werden.

In einer Broschüre versucht die Diyanet zu erklären, weshalb es für Muslime wichtig sei, dass Grundschulkinder in die Moscheen gehen sollten. Dort heißt es: “In Deutschland werden die eingeschulten Kinder auch zu einem Gottesdienst in die Kirche eingeladen. Hier werden eine Stunde vor Beginn der Schule auch einige Zeilen aus der Bibel vorgelesen, Musik gemacht, eine kurze Rede gehalten, den Kindern viel Erfolg gewünscht und die Kinder werden mit den Eltern gemeinsam in die Schule geschickt.” Die muslimischen Kinder sollten – aus pädagogischer Sicht sei das wichtig – die Aufregung vor der Einschulung nach ihren eigenen Traditionen in einer Moschee mit eigenen Zeremonien erleben.

In der Broschüre wird empfohlen, jedem Kind, das an der Zeremonie teilnimmt, ein Geschenk im Wert von 10 Euro zu geben. Es wurden bei Freitagsgebeten offenbar schon Anmeldelisten herumgereicht, um abzusichern, dass Gemeindemitglieder an der Zeremonie auch teilnehmen. Darüber hinaus wurde in der wöchentlichen Zeitung der DITIB eine zweisprachige Annonce aufgegeben und ein Brief an die Eltern der einzuschulenden Kinder verschickt.

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