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Ein „teuflischer“ Plan

A. Cihan Soylu

 

Im Türkischen gibt es eine Redewendung, die lautet: „Dem Teufel die Schuhe verkehrt anziehen“. Damit meint man die Fertigkeit, mit der man die Wahrheit auf den Kopf stellen und dabei von den tatsächlichen Umständen eines Ereignissen oder komplexer Verhältnisse ablenken kann. Das Opfer einer solchen Spitzfindigkeit oder Hinterlist bringt die erlebte Überraschung oder Enttäuschung mit diesen Worten zum Ausdruck. Darin wird der Gegner zu einem fiktiven Feind uminterpretiert und die grenzenlose Kreativität beim Erfinden von Methoden beschrieben, mit der ein Mensch einem anderen Menschen, eine Klasse einer anderen Klasse, Schaden zufügen kann. Und diese erfinderische Tätigkeit ist gekennzeichnet durch Arglist, Intrigen und Boshaftigkeit. Wenn der Mensch mit Fragestellungen und Problemen konfrontiert war, die er zu lösen nicht imstande war, erschuf er immer wieder solche fiktiven Kräfte, die er als Urheber dieser Probleme betrachtete. Der „Teufel“ ist eine solche Fiktion. In menschlichen Zweierbeziehungen würde die Arglist nur einer Person schaden. Wenn aber die Arglist den „teuflischen Charakter“ von Politikern kennzeichnet, die mit ihrer heuchlerischen und intrigenreichen Politik ganze Länder oder Regionen beherrschen, erkennen wir, dass der von ihr verursachte Schaden ins Unermessliche steigt. Dieser Schaden beschränkt sich nicht auf einzelne Länder. Ein Blick auf den Irak, auf Afghanistan oder auf Libyen zeigt die Dimension, die dieser Schaden erreichen kann. Der große „Teufel“ und seine Kollaborateure setzen heute Syrien auf die Zielscheibe ihres Angriffes. Tagtäglich werden neue Argumente aufgetischt, mit denen die Forderung nach einer gewaltsamen Beendigung der „verbrecherischen Menschenrechtsverletzungen in Syrien“ immer gerechtfertigter erscheinen sollen.

Die Heuchelei der US-Politik, ihre auf Verbrechen und Ausplünderung beruhende Politik mit dem Schein der „Verteidigung der Demokratie und Freiheit“ zu begründen, wird heute überall erkannt und entlarvt. „Die Kooperationspartner des großen Teufels“ können aber die Aufdeckung ihrer Heuchelei noch hinauszögern, indem sie Religionsfragen „teuflisch-arglistig“ für die eigenen Zwecken instrumentalisieren. Im eigenen Land setzen sie eine Wirtschafts- und Sozialpolitik um, die die Arbeitslosigkeit, die Armut, die Probleme im Bildungs- und Gesundheitswesen verstärkt und setzen dabei auf die Propaganda, damit werde man mittelfristig den Wohlstand heben. Während sie staatliche Betriebe, Ländereien oder den öffentlichen Dienst etc. zum Ausverkauf anbieten und dabei die eigenen Anhänger zu unermesslichem Reichtum bringen, wird diese Privatisierungspolitik als „allgemeiner Fortschritt und Entwicklung des Landes“ vermarktet. Während einerseits täglich Dutzende von Menschen wegen ihres Einsatzes für demokratische Rechte und die Forderungen des kurdischen Volkes nach nationalen Rechten, nach Freiheit und Gleichberechtigung in Gefängnisse gesteckt werden, werden andererseits die Befürworter dieser Repressionen und deren Ausführer als die „wahren Patrioten“ lanciert. Sie nehmen für sich in Anspruch, die absolute Wahrheit zu vertreten. Wenn jemand eine andere Meinung vertritt, säe er ausschließlich Feindschaft. Nach ihrer Ansicht ist ein Buch gefährlicher als eine Bombe. Literarische Werke sind lediglich andere Erscheinungsformen terroristischer Aktivität. Begriffe wie Freiheit, Republik, Revolution, Unabhängigkeit etc. sind ihrer Lesart nach Begriffe, „mit denen sich die türkische Nation nicht anfreunden kann“. Die Evolutionstheorie ist eine „heidnische Erfindung“. Wer gegen Regierungsmeinung opponiert, ist gegen die „Entwicklung des Landes, den Fortschritt der Nation und den Aufbau der Demokratie“ und unterstützt damit die „Bösen“. Die Wahrheit auf diese Weise auf den Kopf zu stellen, zeugt sicherlich von einer gewissen „Geschicklichkeit“. Das ist die „Geschicklichkeit“, mit der – sich einerseits auf die „Traditionen“, andererseits auf imperialistisch-bourgeoisen Erfahrungen stützend – dem Teufel die Schuhe verkehrt angezogen werden.

Wenn die Augenbinden nicht abgenommen werden, wird der Zauber anhalten. Die Schuhe richtig aufzustellen und die wahre Identität ihres Trägers, also des „Teufels“ aufzudecken, ist die erste Voraussetzung für die erfolgreiche „Entzauberung“. So wird auch offensichtlich, dass die Bedingungen der Arglist abzuschaffen sind, der in der Redewendung eine gewisse Anerkennung und Respekt gezollt werden. Ansonsten wird der „Teufel“ in verschiedener Gestalt weiter sein Unwesen treiben.

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