Fee Kristin Pottharst
Seit etwa einem Monat läuft unter diesem Motto ein Kurzfilmworkshop der Internationalen Jugendverein (IJV) und der DIDF-Jugend in Hamburg. Mit über 30 Teilnehmern und unter der Anleitung des Regisseurs Tonguc Baykurt, lernen junge Menschen einen Kurzfilm zu produzieren: von der ersten Idee bis zum fertigen Film. Wir haben mit Nick Hempel vom IJV über den Kurzfilmworkshop gesprochen.
Warum habt ihr euch dafür entschieden, einen Filmworkshop anzubieten?
Mit dem Angebot wollen wir Kultur selbst schaffen. Kulturprodukte zu schaffen, ist in unserer Gesellschaft oft nur den Menschen möglich, die über die finanziellen Mittel und das entsprechende Netzwerk verfügen. Besonders die Filmlandschaft ist von den großen Filmstudios, wie 20th Century Fox oder Paramount Studios, vereinnahmt, die darüber entscheiden, wie bestimmte Inhalte gezeigt werden. Filme werden produziert, um einen möglichst breiten Absatzmarkt zu generieren. In der Filmbranche bedeutet dies, so viele Menschen wie möglich in die Kinos zu bekommen. Hinter dem Unterhaltungsfaktor steckt das Ziel, möglichst viel Geld mit einem Film zu erwirtschaften. Der Film ist dabei Mittel zum Zweck und so werden die Inhalte danach gewählt, wie am meisten Umsatz erwirtschaftet werden kann. Unsere Kritik an der aktuellen Filmlandschaft ist, dass versucht wird, Filme als unpolitisch zu tarnen. Dabei sind Filme immer politisch. Egal, was im Film gezeigt wird und ob er sich selbst als offensichtlich politisch zu erkennen gibt oder auch nicht: Sie spielen immer im Kontext der Gesellschaft und können damit gar nicht unpolitisch sein. Filme blicken nie objektiv auf unsere Welt und wir blicken nicht objektiv auf diese Filme, sondern transportieren immer eine Weltanschauung mit. Filme, die für sich beanspruchen, unpolitisch zu sein und rein der Unterhaltung zu dienen, können den Status Quo aufrechterhalten, rechtfertigen und uns in unserer Weltanschauung unbewusst bestätigen. Wichtig ist, sich immer vor Augen zu führen, wem es nützt und wer davon profitiert.
Welche Inhalte bringt ihr auf die Leinwand?
Mit unserem Angebot wollen wir eigene Inhalte auf die Leinwand bringen, die uns Jugendliche beschäftigen und unseren Lebensrealitäten entspringen. Wir wollen Filme von der Jugend für die Jugend machen. Der Film ist dabei eine geeignetes Medium, diese Inhalte politisch einzuordnen, greifbarer und weniger theoretisch zu machen. Zudem wollen wir Jugendliche dazu befähigen, selbst ein Projekt umzusetzen. In diesem Fall, gemeinsam einen Kurzfilm zu konzipieren, zu drehen und zu schneiden. Im besten Fall erlernen sie das Handwerkszeug, um auch in Zukunft, zum Beispiel im Rahmen einer Kurzfilm AG, Kurzfilme auf die Leinwand zu bringen. Außerdem ist es uns wichtig, durch die Kulturarbeit mit am Film interessierten Jugendlichen in Kontakt zu kommen.
Wie seid ihr auf die Filmidee gekommen?
Bei dem ersten Termin haben wir uns mit der Frage auseinandergesetzt, was einen Film politisch macht und welche Filme es aktuell braucht, um auf Probleme aufmerksam zu machen. Wie oben bereits erwähnt, werden bestimmte Probleme, die uns als arbeitende und lernende Jugend alltäglich beschäftigen, von den großen Filmstudios missachtet. Danach haben wir uns mit der dramaturgischen Erzählung von Filmen beschäftigt. Wie leitet man eine Geschichte ein? Wo und wann soll diese Geschichte spielen? Was soll wann passieren? Mit welchen Problemen ist der Protagonist konfrontiert? Wie geht er mit diesen um? Wie soll die Geschichte ausgehen? Es geht vor allem darum, wie ein Film aufgebaut sein muss, damit dieser eine kohärente Geschichte erzählt. Auf Grundlage dessen haben wir als Gruppe gebrainstormt und uns anschließend auf die beiden Ideen geeinigt, die aus der Gruppe heraus den meisten Zuspruch gefunden hatten.
Welche Herausforderungen hat es beim Dreh, also bei der praktischen Umsetzung des Drehbuchs/ der Idee, gegeben?
Die Gruppen waren mit jeweils 10 bis 15 Leuten relativ groß, sodass es nicht leicht gewesen ist, bei der konkreten Umsetzung alle Meinungen, Ideen oder Vorschläge zu berücksichtigen und trotzdem ein Produkt zu erstellen, mit dem alle zufrieden sind. Der Film ist ein Kunstmittel und so vielseitig Kunst ist, waren es auch die filmischen Stilvorschläge. Worauf soll die Kamera fokussiert sein? Soll der Protagonist mit den anderen Akteuren ins Gespräch kommen oder liegt der Ausdruck in Mimik und Gestik? Soll der Shot eine Halbtotale oder Totale sein? Wie sollen die Schauspieler aussehen, wie gekleidet sein? Außerdem war es beim Dreh eine Herausforderung, eine sinnvolle Arbeitsteilung zu finden, damit alle Beteiligten in allen Bereichen wie z.B. Regie, Kamera, Licht oder Ton selbst Hand ans Werk legen und sich die Fähigkeiten aneignen konnten, da der Großteil der Gruppe ohne technisches Vorwissen teilgenommen hatte. Jedoch haben wir mit der Zeit einen passenden Umgang damit gefunden.
Was geschieht mit den fertigen Kurzfilmen? Was ist der zukünftige Plan?
Die Premiere beider Kurzfilme wird im Rahmen einer extra dafür organisierten Veranstaltung im 3001 Kino in Hamburg stattfinden. Die Veranstaltung wird mit den Teilnehmenden des Workshops organisiert. Neben dem Zeigen der Kurzfilme soll es genug Raum geben, inhaltlich über die Filme zu sprechen und in den Austausch zu kommen. Ihr könnt dazukommen und mit den Teilnehmenden darüber diskutieren, warum sich für die Inhalte entschieden wurden und warum diese Inhalte auf diese Art dargestellt wurden. Außerdem wollen wir den Workshop als Ganzes vorstellen und eine Weiterführung der Filmarbeit im Rahmen einer Kurzfilm-Gruppe ankündigen. Diese Gruppe soll auch in Zukunft Kurzfilme von der Jugend für die Jugend produzieren. Denn Filme sind ein wichtiges Medium, mit politischen Inhalten an Jugendliche heran zu treten und auf diese aufmerksam zu machen. Dieses wichtige Medium wollen wir zukünftig nutzen und in unsere Vereinsarbeit integrieren.