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Husby: Politisches Versagen der Politik und Behörden

Erhan Nakış

Wie gewaltig das politische Fiasko ist, wird deutlich, wenn man sieht, dass Autos brennen, Steine fliegen und Jugendliche auf der Straße sind. Um an einem solchen Punkt anzukommen, hat es lange gedauert, da viele Menschen bisher mehr schluckten als der Magen zulässt. Der Stockholmer Vorort Husby unterscheidet sich nicht wirklich von den Vororten vieler anderer Großstädte. Sie alle haben Gemeinsamkeiten: Viele ihrer Bewohner sind Migranten, ein Großteil lebt von Sozialhilfe, zahlreiche Jugendliche haben keine Perspektive und viel zu viele Menschen sind arbeitslos. Betrachtet man die Zahlen der schwedischen Arbeitsagentur, bekamen 20 Prozent der in Hubsy lebenden jungen Menschen seit 2010 nicht ein einziges Mal die Möglichkeit, zu arbeiten. Einer von fünf Jugendlichen zwischen 16 und 19 Jahren ist arbeitslos oder ohne Schulabschluss. Um sich aus der Affäre zu ziehen, heißt es aus Regierungskreisen „Die Migranten machen nichts“. Resultat: Menschen mit Migrationshintergrund werden noch tiefer in den Sumpf geschubst. Somit ist das Problem die Ghettoisierung. Von den 12.000 Einwohnern, die in Husby leben, erblickten 60 Prozent im Ausland das Licht der Welt. Rechnet man all jene hinzu, die in Schweden geboren wurden, deren beide Eltern aber im Ausland zur Welt kamen, steigt die Zahl auf 85 Prozent an.

Die Arbeitslosigkeit in Husby ist dreimal so hoch, wie im übrigen Stockholm, das Durchschnittseinkommen um 40 Prozent niedriger. In Rinkeby, Hagsätra, Fittja und all den anderen Vororten ist das Bild nicht anders.

Ungerechtigkeit führt zur Widerstand

Momentan hat das Parlament 349 Mitglieder und wird derzeit von einer 4-Parteien-Allianz regiert, das als „Allianz für Schweden“ bezeichnet wird. Die Moderate Sammlungspartei, die Liberale Partei, die Zentrumspartei und die Christlich-demokratische Partei lösten die Sozialdemokraten 2006 nach einer Regierungszeit von 12 Jahren ab. In ihrer ersten Wahlperiode konnte sie sich auf eine Mehrheit im Reichstag stützen. Nach der Reichstagswahl 2010 amtiert sie dagegen als Minderheitsregierung. Die Opposition besteht derzeit aus der Sozialdemokratischen Partei, den Grünen und der Linken Partei.

Die schwedische Allianz und ihre Integrationspolitik sind bereits gescheitert. Seit Jahrzehnten führt das Land eine liberale Zuwanderungspolitik. Die Asylregeln seien angeblich besser als anderswo, die Grenzen für die, die arbeiten wollen, offen. Dass die bürgerliche Regierung bekannt ist für die starke Wirtschaft und für die gerechte Steuersenkung, ist scheinheilig. Laut dem OECD-Bericht ist die Ungleichheit in Schweden in den letzten Jahren sehr stark gestiegen. Das belegt auch ein Bericht des zentralen Gewerkschafts-Verbandes LO zur Einkommensentwicklung. Zwischen 1991 und 2007 haben demnach die einkommensstärksten 10 Prozent der Bevölkerung ihr verfügbares Einkommen um 88 Prozent steigern können. Für die einkommensschwächsten 15 Prozent betrug die Steigerung hingegen 15 Prozent.

Markant sei auch der Unterschied zwischen Erwerbstätigen und Nicht-Erwerbstätigen: in den vergangenen 6 Jahren stieg das Einkommen von Erwerbstätigen laut dem Bericht jährlich um durchschnittlich 3,3 Prozent. Kranke, Arbeitslose und Frührentner verzeichneten jährlich nur eine Steigerung um 0,86 Prozent. Die Arbeitslosenzahl in Schweden liegt aktuell bei 395000.

Da bedarf es nur eines Funkens, um den Kampf gegen das herrschende System zu entfachen. In Husby war dies ein Polizeieinsatz, bei dem ein 69-Jähriger, der mit einer Machete fuchtelte, erschossen wurde. Seither prägen Polizeisirenen und Brandgeruch die Nächte in den Stockholmer Vororten und es ist eine Frage der Zeit, wann die nächsten Vororte dazu stoßen.

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