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Incirlik: Kein Rückzieher sondern Kalkül!

Wenige Wochen zuvor wurde noch darüber diskutiert, ob die Bundeswehr sich vom türkischen NATO-Stützpunkt Incirlik zurückziehen soll. Anfang Juni hatte der Bundestag die ab 1915 von der damaligen osmanischen Regierung an den Armeniern begangenen Massaker als Völkermord eingestuft, woraufhin Ankara den deutschen Abgeordneten das Besuchsrecht auf dem Luftwaffenstützpunkt verweigerte. In Incirlik sind 250 deutsche Soldaten stationiert und von dort aus fliegt die „internationale Koalition“ ihre Einsätze gegen den Islamischen Staat, darunter auch die Tornado-“Aufklärungs“- flüge der Bundeswehr. Doch statt darauf zu bestehen, hat Deutschland den Schwanz eingezogen, sich in der Türkei und in der Welt scheinbar lächerlich gemacht und durch eine Distanzierung von der Armenien-Resolution sich das Besuchsrecht wieder geholt. Die offensichtliche Frage nach dem großen „WARUM?“ klärte sich nach knapp 10 Tagen nach dem „Rückzieher“. Denn mit der „politischen Annäherung“ kam der wirtschaftliche und strategische Aspekt: Die Bundesregierung gab 58 Millionen Euro für den Ausbau des Stützpunktes frei. In Incirlik sollen für rund 26 Millionen Euro ein Flugfeld (!) für die deutschen Tornado-Aufklärungsjets entstehen sowie Unterkünfte für die Soldaten und ein Stabsgebäude sagte ein Sprecher der Verteidigungsministeriums. Die restliche Investitionssumme sei für einen mobilen Gefechtsstand vorgesehen. Der Kauf eines mobilen Gefechtsstands sei unabhängig vom Einsatz in Incirlik nötig gewesen. Die Technik könne anschließend auf jedem anderen Stützpunkt weiterverwendet werden.

Ob die Entscheidung über die Investitionen zugleich bedeutet, dass die Bundeswehr sich nach dem Streit über ein Besuchsverbot für deutsche Abgeordnete auf eine Fortsetzung der Mission einstellt, ließ der Ministeriumssprecher offen, aber klar wird: Deutschland will unabhängig von den anderen Bündnispartnern eigene Möglichkeiten für eigenständige Einsätze schaffen! Das vermeintliche Schwanz-Einziehen war militärisches Kalkül und strategische Zukunftsplanung von Merkel und Co. Warum an einem Fetzen Papier festhalten und sich dadurch die Möglichkeit der militärischen Kontinuität und Betätigung im Mittleren und Nahen Osten verbauen? Frau Merkel ist eine gute Wahl des deutschen Kapitals für die Durchsetzung ihrer Interessen. Das deutsche Kapital plant in die Zukunft und positioniert sich schon mal für die zukünftigen Verteilungskämpfe. Ein eigenes Flugfeld ist der erste Weg zur militärischen Eigenständigkeit! Und ohne die Türkei, das Tor zum Öl, scheint es zur Zeit nicht möglich zu sein. Somit opfert man halt die Würde des armenischen Volkes, leugnet den heroischen Kampf der Kurden gegen den Islamischen Staat und arrangiert sich mit dem selbsternannten Sultan am Bosporus. Doch das Spiel mit dem Feuer kann für alle böse enden!

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