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Kriegslegitimation als Gerichtsurteil

In der Vergangenheit waren in den Medien verstärkt Berichte über die „Gefährlichkeit des Iran“ zu lesen. Mal ging es um Atombomben-Pläne, mal über angebliche geplante Attentate. Auch in den letzten Tagen dauern die Spannungen zwischen den USA und dem Iran weiter an. Während die Provokationen der USA sich zuspitzen, verschärft auch der Iran massiv den Ton. Aktuell ist eine westliche Sanktion gegen Ölexporte in Diskussion und die iranische Antwort darauf eine wirtschaftlich Bedrohliche: Sollten die westlichen Mächte ihre Sanktionen auf iranische Ölexporte ausdehnen, droht das iranische Militär mit der Sperrung der Straße von Hormus. Zu beachten ist hierbei, dass durch die Verbindung zwischen dem Persischen Golf und dem arabischen Meer bis zu 40 Prozent der weltweit verschifften Öllieferungen transportiert werden.
Nicht nur am persischen Golf, sondern auch in den USA spitzt sich die Meinung über den Iran zu.
Mitte Dezember hatte ein Richter, George Daniels, in Manhattan entschieden, dass der Iran mitschuldig an den Angriffen vom 11. September 2001 sei. Im Rahmen einer Schadensersatzklage von Hinterbliebenen erklärte der Richter, der Iran und die von ihm geförderte Hisbollah-Miliz hätten das Terrornetzwerk Al Kaida nicht nur materiell, sondern auch direkt bei der Durchführung der Anschläge unterstützt und so diese begünstigt. Die vom dem US-Kongress am 14. September 2001 beschlossene „Authorization for Use of Military Force Against Terrorists“ ermächtigt den US-Präsidenten, gegen Personen, wie auch Nationen vorzugehen, die in irgendeinem Zusammenhang mit den Anschlägen vom 11. September vermutetet werden und schafft somit eine juristische Grundlage, um „alle erforderlichen und geeigneten Gewaltmittel einzusetzen“.
Die Herstellung einer Verbindung des Irans mit dem 11. September ist für grosse Bevölkerungsteile der USA vermutlich eine noch wirksamere Kriegslegitimation, als die letztlich doch nur hypothetische Bedrohung durch eine iranische Atombombe. Gekoppelt mit dem Einfluss der Medien steht der Glaubwürdigkeit der angeblichen Beweise nichts mehr im Wege. Nach Afghanistan und dem Irak ist jetzt der Iran an der Reihe, um für den 11. September „zur Verantwortung“ gezogen zu werden – oder zumindest die Region im Interesse der Westmächte erneut umzuordnen.

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