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Life of Pi (2013), Regie Ang Lee

Auf der Suche nach einer guten Geschichte stößt ein Autor (Rafe Spall) auf einen Mann mit einem absurd klingenden Namen. Piscine Molitor Patel (als Teenager gespielt von Suraj Sharma, später von Irrfan Khan) ist von seinen Eltern nach einem Schwimmbad benannt worden. Pi, wie er gerufen wird, hat ein unglaubliches Abenteuer erlebt. Der spirituell vielseitig interessierte junge Pi wächst zunächst als Hindu auf, identifiziert sich dann mit dem Christentum und schließlich auch noch mit dem Islam. Seine Eltern unterhalten im indischen Pondicherry einen kleinen Privatzoo, weshalb er sich mit Tieren gut auskennt – zumindest glaubt er das. Besonders hat es dem Jungen der Bengal-Tiger angetan, der auf den Namen Richard Parker hört. Aber sein Vater weist ihn zurecht: „Der Tiger ist nicht dein Freund. Tiere denken nicht wie wir. Menschen, die das vergessen, werden getötet.“ Eines Tages entscheidet sich die Familie aufgrund politischer Gründe samt den Tieren nach Kanada auszuwandern. Doch während der Reise gerät das Schiff in ein Unwetter und sinkt. Schwimmend kann sich Pi noch auf ein Rettungsboot ablassen, in dem allerdings schon einige Tiere warten – unter anderen auch Richard Parker. Bald sind sie nur noch zu zweit dem offenen Meer ausgesetzt. Eine Odyssee voller Gefahren und Begegnungen mit den Meeresbewohnern beginnt. Für Pi wird das Abenteuer eine Charakterschule.

Der Roman des Kanadiers Yann Martel „Life of Pi – Schiffbruch mit Tiger“ erschien 2001 und war zunächst sehr erfolgreich. Das Buch wurde in 42 Sprachen übersetzt und galt lange Zeit als „unverfilmbar“. Elizabeth Gabler, Studiochefin von Fox 2000 Pictures, kaufte aber trotzdem vor zehn Jahren die Rechte. Schon vor vier Jahren hat der vielseitige Regisseur Ang Lee sein Interesse an dem Projekt bekundet und so aus der vielschichtigen Geschichte, die sich sowohl als Abenteuer, als auch als „spirituelle Sinnsuche“ lesen lässt, ein bildgewaltiges Kinoerlebnis gemacht. Der in 3D gedrehte Film bietet eine Palette von gefährlichen Situationen und visuellen Ereignissen von großer Schönheit. Suraj Sharma stemmt den Mittelteil des Films fast allein, denn sein „Gegenspieler“ Richard Parker ist größtenteils und ziemlich lebensecht computeranimiert. Dabei achtet Lee trotzdem darauf, das Tier nicht sehr zu vermenschlichen. Ganz zum Schluss konfrontiert er Pis bildgewaltige Geschichte mit einer trostlosen Realität, die den Zuschauer den kompletten Film nochmal durch den Kopf laufen lässt – doch diesmal ganz anders. Dazu zeigt der Regisseur nur einen erschütternden Monolog, der auf Rückblenden und Visualisierungen ganz verzichtet. Die wundersame Geschichte des jungen Pi, der das Raubtier bändigte, verschleiert so eine Wahrheit, deren Abbildung ganz und gar unerträglich wäre.

Ang Lee ist es mit einem Drehbuch von David Magee tatsächlich gelungen, einen schwer zu verfilmenden Roman zu großem Kino zu machen, das gleichzeitig überwältigend wie bescheiden wirkt. Dass der Film nebenbei ein recht gelungenes, fast erstaunlichstes 3D präsentiert, ist nicht mehr als ein kleiner Nebeneffekt.

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