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Liste des türkischen Geheimdienstchefs

Von Sevim Dagdelen*

Der Chef des türkischen Geheimdienstes, Hakan Fidan, ist ein NATO-Mann, der sein Geschäft als Verbindungsoffizier in Mönchengladbach lernte. Von NATO-Geheimdienst zu NATO-Geheimdienst übergab er denn auch am Rande der Münchner »Sicherheitskonferenz« dem BND-Chef Bruno Kahl eine Liste mit Gülen-Anhängern, die es in Deutschland zu verfolgen gelte. Die Existenz dieser Liste wie auch das Treffen wurden jetzt wahrscheinlich vom BND selbst durchgestochen. Bemerkenswert ist zudem, dass die gesammelten Informationen auf ein engmaschiges türkisches Agentennetz in Deutschland verweisen, das sogar eigene Überwachungs­kameras gegen potentielle Erdogan-Kritiker einsetzt.
Während die an den deutschen Geheimdienst übergebenen Listen von angeblichen PKK-Anhängern hierzulande akribisch abgearbeitet werden, ist Fidan mit seiner Gülen-Liste zu weit gegangen. Die BND-Aktion soll dazu dienen, die Türken wieder auf den NATO-Weg zurückzubringen. Die Verfolgung potentieller Gülen-Anhänger liegt nicht im Interesse Washingtons und Berlins, die angeblicher PKK-Anhänger dagegen schon – allein, um ihren Plan einer völligen Kontrolle der kurdisch-syrischen YPG durch Washington zur Verwirklichung geopolitischer Interessen im Nahen Osten umsetzen zu können.

Für den türkischen Geheimdienst ist die BND-Aktion ein Schlag ins Gesicht und eine deutliche Warnung: Treibt es nicht zu weit, und bleibt im Rahmen des gemeinsamen NATO-Interesses. Sicher unfreiwillig wird durch die Indiskretion des BND das ganze Ausmaß der Bespitzelung durch Erdogans Schergen in Deutschland offenbar. Mit Duldung der deutschen Behörden konnte die Türkei hierzulande ein nahezu beispielloses Spitzelnetzwerk aufbauen. Der Verdacht liegt nahe, dass dies im Rahmen der Arbeitsteilung von NATO-Geheimdiensten geschah und dass es eben die zugestandene Aufgabe des türkischen Geheimdienstes war, sich auch um die Türken in Deutschland zu kümmern. Deshalb wird Hakan Fidan die angebliche Gülen-Liste auch im guten Glauben übergeben haben, dass sie wie in der Vergangenheit von den deutschen Behörden abgearbeitet wird. Es wird offenbar, dass die Bundesregierung Menschen in Deutschland regelrecht den Schergen Erdogans auslieferte und sogar noch dabei half, deren nach deutschem Recht strafbewehrt erhobene Geheimdienstinformationen im Rahmen einer engen Sicherheitskooperation mit der Türkei zu verwenden.
Die Bundesregierung muss jetzt darüber aufklären, wer in der Vergangenheit in Kooperation mit den türkischen Geheimdiensten in Deutschland ans Messer geliefert wurde. Sie darf die geheimdienstliche Zusammenarbeit mit Erdogan nicht weiterführen. Die Agenten Erdogans müssen endlich ausgewiesen werden. Geheimdienstchef Fidan muss bei einer erneuten Einreise in Deutschland festgesetzt werden. Alles andere käme einer Kapitulation des Rechtsstaats gleich.

 

  • Sevim Dagdelen ist Sprecherin für Internationale Beziehungen der Fraktion Die Linke im Bundestag
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