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Warum entschieden sich die USA und Russland für die Kurden?

Yusuf KARATAŞ

Nach der Erklärung des türkischen Außenministers Çavuşoğlu, nach al-Bab würde die türkische Armee jetzt Manbidsch vom IS befreien, stationierten die USA und Russland ihre Einheiten in den Dörfern westlich von Manbidsch. Danach wurden US-Einheiten an die nördliche Grenze der Stadt verlegt. Somit wurden die Tore von Manbidsch für die Türkei geschlossen. Staatspräsident Erdoğan führte lange Verhandlungen dafür, dass die Rakka-Operation von der Türkei und den von ihr unterstützten Kräften durchgeführt wird. Allerdings entschieden sich die USA dafür, dass diese Operation von den Demokratischen Kräften Syriens (DKS) unter Führung der kurdischen YPG durchgeführt wird. Die DKS erhielten von den USA Panzer und andere gepanzerte Fahrzeuge. Bei den Newroz-Feiern in Afrin trugen russische- und US-Kommandeure an ihren Uniformen YPG-Abzeichen, um ihre Zusammenarbeit mit den kurdischen Kräften zu demonstrieren.

Diese Entwicklungen zeigen, dass die USA und Russland sich für eine Zusammenarbeit mit den Kurden und DKS entschieden haben. Was ist der Grund für diese Entscheidung?

Die USA hatten zu Beginn der Intervention in Syrien die Gruppierungen unterstützt, die sich um die Türkei und Saudi Arabien versammelt hatten. Diese Banden waren anhand von Konfessionskonflikten aus aller Welt zusammengewürfelt worden und kooperierten mit der al-Nusra-Front bzw. dem IS. Nach der Eroberung Mossuls durch den IS im Juni 2014 hatten die USA eine „Strategie zur Bekämpfung des IS“ mit dem Mittelpunkt im Irak verkündet. Der Widerstand in Kobanê ebnete den Weg dafür, dass die USA die Zusammenarbeit mit kurdischen Widerständlern suchten. Aus ihrer Sicht waren die türkischen Pläne, Rakka mit türkischer Armee und aus sunnitischen Stämmen rekrutierten Kämpfern zu befreien, nicht realistisch. So entschieden sie sich für ein gemeinsames Vorgehen mit den kurdischen Kräften und den DKS. Sie erkannte, dass diese Zusammenarbeit notwendig ist, um in Zukunft in Syrien mitreden zu können, zumal in den DKS nicht nur Kurden, sondern auch arabische und assyrische Kräfte zusammengeschlossen sind.

Die Kurden und die DKS, die im Norden Syriens, in Rojava das Sagen haben und während des gesamten Krieges Feuergefechte mit Regime-Kräften vermieden, wurden auch vom Regime als Kräfte angesehen, die zur „Verteidigung der Heimat“ ihren Beitrag leisten. Schließlich sind heute radikal-islamistische Banden weitgehend aus der Region vertrieben bzw. in die Region Idlib zurückgeschlagen. Und für Russland stellen die Kurden den wichtigsten Ansprechpartner bei der Suche nach einer demokratischen Lösung des Konflikts dar. Deshalb sucht es die Zusammenarbeit mit den Kurden, die eine gute Position bei den Verhandlungen einnehmen könnten. Diese Zusammenarbeit ist aus russischer Sicht auch wichtig, um den Einfluss der USA auf die Kurden zurückzudrängen.

Sicherlich bedeutet diese neue Situation nicht, dass die US-Administration unter Trump im Nahen Osten keinerlei Zusammenarbeit mit der Türkei eingehen wird. Sie könnte z.B. im Falle des Iran jedenfalls unumgänglich sein. Und auch Russland wird versuchen, aus den Spannungen zwischen der Türkei und den USA bzw. dem Westen Kapital für sich zu schlagen.

Dieser „Tanz mit Wölfen“ ist aus der Sicht der Kurden, die in Rojava ein demokratisches System aufbauen wollen, sehr schwierig und wird auch zukünftig mit Risiken verbunden sein. Die Entscheidung der USA und Russlands, die Kurden als Verbündete anzuerkennen, macht einen Strich durch die türkische Rechnung. Und das wird dazu führen, dass die Erdoğan-Macht und ihre Syrien-Politik in der nächsten Zeit immer mehr ins Zentrum kritischer Diskussionen rücken wird.

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