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Mit neuer Defense-Sparte: Lufthansa will auch ein Stück vom Militäretat

Bisher wartete die Lufthansa-Tochter Lufthansa Technik (LHT) ausschließlich zivile Flugzeuge. Das soll sich künftig ändern. „Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine zeigt: Es braucht eine einsatzbereite Bundeswehr. Und ich bin davon überzeugt, dass wir hier unseren Beitrag leisten können“, sagte LHT-Chef Sören Stark im Handelsblatt. Die Motivation hinter diesen “patriotischen” Worten Starks kommt natürlich nicht durch reine Vaterlandstreue, sondern durch die Aussicht auf hohe ProfiteFast drei Jahre lang war ein Teilverkauf von Lufthansa Technik geplant – zuletzt an den Finanzinvestor Bain. Der sollte dabei helfen, das größte herstellerunabhängige Wartungsunternehmen in der Luftfahrt noch profitabler zu machen. Doch Ende vergangenen Jahres ist der Verkauf geplatzt. Nun sind die Augen der Lufthansa-Chefs auf den steigenden Militäretat gerichtet. Durch das Programm „Ambition 2030“ soll der Umsatz bis 2030 von zuletzt 6,5 Milliarden auf mehr als zehn Milliarden Euro steigen. Die steigenden Militärausgaben Deutschlands, aber auch der anderen europäischen Länder sollen das möglich machen. Argumentiert wird das dann mit der “Bedrohung von außen” oder “nationaler Souveränität”. So fordert Stark eine Stärkung der europäischen und deutschen Rüstungsindustrie: „Ich glaube, die Entscheidung, auf bestehende Waffensysteme zurückzugreifen, ist vor dem Hintergrund der aktuellen Bedrohung und der notwendigen Geschwindigkeit absolut richtig“ […] „Ich glaube aber auch, dass wir langfristig eine deutsche und europäische Verteidigungsindustrie brauchen, die selbst entwickelt, herstellt und die eingesetzten Systeme betreut. Das ist Teil unserer nationalen Souveränität.“ Aufrüstung ist also laut Stark ein Teil der „nationalen Souveränität“, wenn es die deutschen Konzerne sind, die davon profitieren. Wieder einmal wird deutlich, wie die „Kriegstüchtigkeit“ und der steigende Machtanspruch Deutschlands sich mit den Interessen deutscher Konzerne decken.

Doch nicht nur die Produktion für den Markt in der „Heimat“ ist es, den die LHT anstrebt. Auch auf die geplante Modernisierung der Radarflotte der NATO hat sie ein Auge geworfen. Die in die Jahre gekommenen Awacs-Jets sollen durch die Boeing E-7 ersetzt werden, welche auf dem Passagierjet 737 basiert. Für die ersten sechs Flugzeuge hat die Bundesregierung als eine der größten Zahlerinnen in diesem Projekt mittlerweile die Beschaffung genehmigt. Der Lufthansa Technik ist das Flugzeug aus dem zivilen Geschäft vertraut. Deshalb will sich LHT um die Arbeiten im Nachgang der Lieferung ab 2031 bewerben – also um Wartung und Reparatur. Gerne würde sich LHT aber auch schon früher in die „Wertschöpfungskette“ einbringen, nämlich beim Umbau der Jets für den Radareinsatz: „Unser Angebot ist, hier zu unterstützen und gleichzeitig industrielles Know-how und Arbeitsplätze in Deutschland aufzubauen.“ Das Unternehmen, dass während der Corona-Pandemie trotz Rettungspaket tausende Arbeitsplätze gestrichen hatte, wirbt also jetzt mit der Schaffung neuer Arbeitsplätze. Was verschwiegen wird, ist allerdings, dass diese Arbeitsplätze in der Defense-Sparte eine dauerhafte Kriegswirtschaft benötigen oder sonst irgendwann wegfallen. Wohin LHT tendieren wird, lässt sich jetzt schon ohne Mühe vorhersagen.

LHT hat sich beworben, sich um die Wartung der von der Bundeswehr bestellten Kampfbomber F-35 zu kümmern. Die Bundesregierung hat aus dem Sondervermögen für die Bundeswehr 35 dieser F-35 Tarnkappenbomber zum Preis von rund 10 Milliarden Euro bestellt. Damit hat sich das Unternehmen mit diesem Deal schon einen Teil des Sondervermögens unter den Nagel gerissen. Auch die Kooperation der LHT bei einen Drohnen-Projekt mit dem israelischen Hersteller Elbit ist schon länger ein Thema. Die LHT soll dabei für Wartung, Instandhaltung und Ausbildung von Personal zuständig sein, gebaut werde die Kampfdrohne von Elbit. Drohnen spielen in der modernen Kriegsführung eine immense Rolle und haben sowohl im Krieg in der Ukraine als auch in Gaza verheerende Schäden angerichtet.

Vor dem Krieg in der Ukraine war diese Art der militärischen Betätigung der Lufthansa noch kaum vorstellbar, denn weder in der Bevölkerung noch bei Investoren waren diese gerne gesehen. Das scheint sich geändert zu haben. So berichtet Stark von einer breiten Unterstützung für die Pläne in der Belegschaft: „Wir haben zwar keine Abfrage gemacht, aber gemessen an den Reaktionen in den Teams, bei Betriebsversammlungen oder in Einzelgesprächen würde ich schätzen, dass 90 Prozent unserer Belegschaft die Vorhaben unterstützen.“ Natürlich stimmt diese Zahl nicht und Stark versucht hier nur die militärische Betätigung des Konzerns zu rechtfertigen. Allerdings ist es nicht von der Hand zu weisen, dass es seit dem Angriff Russlands und der ausgerufenen „Zeitenwende“ viel einfacher geworden ist, militärische Betätigung zu rechtfertigen. Das Thema Militarisierung ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen und wird vom größten Teil der Bevölkerung akzeptiert oder zumindest als ein notwendiges Übel toleriert.

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