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Papst zu Besuch in Deutschland

Onur Kodas

Kaum ein Staatsbesuch in Deutschland war so zwiespältig, wie das des Papst Benedikt XVI. Papst und die katholische Kirche hätten sich sicherlich angenehmeren Aufenthalt gewünscht. Denn der Besuch wurde stets von Protesten begleitet.

Als der Papst am Flughafen in Berlin-Tegel landete, wurde er mit einer Militärkapelle und 21 Salutschüssen vom Bundespräsidenten, Christian Wulff und der Bundeskanzlerin, Angela Merkel (CDU) begrüßt. Anschließend lud der Bundespräsident zur Willkommensfeier ins Schloss Bellevue mit rund 1000 weiteren Gästen ein.

Schon bei den Eröffnungsreden und der anschließenden Feier war ersichtlich, dass das Verhältnis zwischen der katholischen Kirche und der regierenden bürgerlichen Politik mehr Schein als Sein ist. Der Bundespräsident kritisierte mit zartem Klang die Haltung der Kirche bei gewissen Themen, wie Homosexualität. Der Papst hingegen ließ sich nicht auf diese Eckpunkte ein und verdeutlichte, wie auch in seiner späteren Bundestagsrede, dass er nicht hier sei, um Politik zu machen, sondern den Menschen in Deutschland die Religion näher zu bringen. In seinen Reden rief der Papst immer wieder zur „Treue zum Vatikan“ auf und forderte „eine Vertiefung des Glauben“.

Protest gegen den Besuch

Im Hintergrund der Papst-Reise fand immer Protest statt. Schon bei der Ladung hatten sich rund 100 Missbrauchsopfer der katholischen Kirche und deren Angehörige am Potsdamer Platz versammelt, um gegen die Machenschaften innerhalb der katholischen Kirche zu demonstrieren. Noch immer warten sie auf eine offizielle Entschuldigung und eine „gerechte“ Entschädigung. Hinzu kommt, dass die Dunkelziffer der Missbrauchten wohl wahrscheinlich viel höher ist, als bekannt. Während der Bundestagsrede vermehrte sich die Masse am Potsdamer Platz. Das Veranstalterbündnis aus 67 Organisationen hatte zum Protest aufgerufen. Das Bündnis versteht ihren Protest, zu dem mehrere tausend Menschen gekommen waren, vielmehr als „ein Ausdruck der Unzufriedenheit“. Eine Demonstrantin verdeutlichte, dass sie hier nicht gegen Gläubige protestieren würden, sondern dass sich ihr Protest alleine gegen die Haltung der Kirche nach Außen und Andersdenkende und ihren düsteren Machenschaften innerhalb der Kirche richte.

Die Bundestagsrede

Mit viel größerer Spannung wurde die Papstrede vor dem Bundestag erwartet. Aber auch diese wurde von dem Boykott der rund 100 Abgeordneten überschattet. Die Abgeordneten der SPD-, Grünen- und Linke-Fraktionen forderten, den Staat und die Religion stets auseinander zu halten und sagten, dass deshalb dem Papst kein Rederecht im Bundestag zustehe. Der Staat habe stets seine Neutralität zu wahren, auch vor der Kirche. In seiner Rede plädierte der Papst hingegen auf die Rückbesinnung auf christliche Werte. Im Glauben liege der Schlüssel, Gutes und Böses unterscheiden zu können und der Gerechtigkeit und dem Frieden zu dienen. Die moralischen Werte würden verdrängt werden. Als Bespiel hierfür nannte er die Aufgaben eines Politikers, dessen Motivationsschübe nicht nur der Erfolg und der materielle Wohlstand sein dürfe, sondern er müsse auch aus der Verantwortung gegenüber dem Volke handeln.

Das Volk ist „christlicher“ als die Kirche selbst

Auch hier werden wieder zentrale Fragen gewollt außer Acht gelassen. Mal von der Kritik  der überholten und hinfällig gewordenen Haltung der katholischen Kirche zu Homosexualität, Verhütung, Abtreibung etc. abgesehen, bleibt doch die Frage, auf welcher Seite die Kirche überhaupt in Zeiten der weltweiten Krisen steht? Ist sie auf der Seite der Armen und des unterdrückten Arbeitervolkes oder steht sie auf der Seite derer, die zum Wohle ihres Profits die Welt von der einen Krise in die nächste schleudern? Im Zeitalter der wachsenden Armut, Arbeitslosigkeit, des Niedriglohnsektors sind die Menschen gezwungen, für ihr Diesseits zu kämpfen. Die Botschaft des Oberhaupts der Katholischen Kirche, „Vergesst Gott nicht!“ kann man ihm nicht vorwerfen. Doch der Ruf nach „Entweltlichung“, hebt nicht die weltlichen und all täglichen Sorgen und Probleme der Menschen auf.

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