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PEGIDA und Co. – woher – wohin?

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Wie aus den Nichts scheinen PEGIDA und Co. entstanden und zu einer „Massenbewegung“ geworden zu sein. Die Medien sind „erstaunt“ und suchen „Erklärungen“. Um „Unzufriedene“, um „bürgerlichen Protest“, um „Angst vor dem Abstieg“ soll es sich handeln.
Staat und Medien machen Stimmung
Sammelt man jedoch die unterschiedlichen Informationen, die es in den Medien und im Internet gibt, so schält sich ein anderes Bild heraus.
Schon seit mehreren Monaten haben zahlreiche Medien von der BILD bis zum Spiegel die steigende Zahl von Flüchtlingen thematisiert.
Bereits im September 2014 startete der Präsident des Deutschen Städtetages einen „Hilferuf“. Die Flüchtlingszahlen und die Kosten würden „dramatisch“ steigen – auf voraussichtlich 200.000 im Jahr. Er forderte: Kürzere Asylverfahren, schnellere und konsequentere Abschiebung. Das entspricht den heutigen Forderungen von PEGIDA. Im Oktober gab es einen „Krisengipfel“ im Kanzleramt mit den Vertretern der Städte und Gemeinden, der Bundesländer und der Bundesregierung, der ohne Einigung über die Aufteilung der Kosten endete. Denn in Deutschland schiebt der Bund die Kosten auf die Länder ab und diese dann weiter auf die Städte und Gemeinden.
Allerdings ist das Jammern über die Lasten ein Jammern auf hohem Niveau. In Deutschland wird schon bei über 80 Millionen Einwohnern und angeblich 200.000 Flüchtlingen gejammert und geklagt, als ob der Weltuntergang droht. Der Libanon hat mit 4 Millionen Einwohnern bereits über eine Million Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak aufgenommen, ohne dass von da Schreckensnachrichten kommen oder dort PEGIDA-Demonstrationen stattfinden. Auch Länder wie Schweden, Malta, Belgien, Luxemburg nehmen deutlich mehr Flüchtlinge auf als das reiche Deutschland.
So haben staatliche Stellen die Stimmung für PEGIDA geschaffen, indem sie einerseits von „Willkommenskultur“ heucheln, andererseits im Wochentakt über die „hohe“ Zahl von Flüchtlingen und die Kosten jammern. Die laute Begleitmusik stimmten die Medien passend dazu an.
Aber nicht nur das. PEGIDA ist keine spontane Zusammenrottung, wie man uns erzählt. Der Gründer, Lutz Bachmann, veröffentlichte auf der Internetseite seiner „Foto- & PR-Agentur“, bevor er mit PEGIDA an die Öffentlichkeit trat, dass „vor allem mit dem Axel Springer Verlag“ zusammenarbeite. Das passt.

BILD: Wir hetzen besser!
Denn auf der Internseite https://www.bild.de/politik/inland/pegida/bild-entlarvt-frau-pegida-39411078.bild.html beschwert sich die BILD-Zeitung verräterisch, dass PEGIDA zu Unrecht die „Lügenpresse“ beschuldige und zu Unrecht behaupte, dass Themen wie Asyl, steigende Flüchtlingszahlen ein Tabu seien. Als Beleg dafür, dass PEGIDA die Unwahrheit sagt, präsentiert BILD eigene Schlagzeilen wie „Die bittere Wahrheit über Ausländer und Hartz IV – 90% der Libanesen und 26% der Türken bekommen bei uns Stütze vom Staat!“ bereits vom 23.11.2010 oder „Warum kriegen Migranten häufiger Hartz IV als Deutsche?“ vom 19.2.2010. Oder auf das Gejammere von PEGIDA „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!“ antwortet BILD mit einer Schlagzeile vom 4.9.2010 „BILD kämpft für Meinungsfreiheit: Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!“ und darunter steht dann als Beispiel „Wer Arbeit ablehnt, verdient keine Stütze!“ Und BILD prahlt damit, dass von 31.145 abgelehnten Flüchtlingen 10.200 im Jahr 2013 abgeschoben wurden und 10.250 „freiwillig“ gingen. Und im Gegensatz zu dem Gejammer über die 200.000 Flüchtlinge, die 2013 neu gekommen sein sollen, schreibt BILD offenherzig: „Am Stichtag 31. Dezember 2014 lebten in Deutschland 113 212 abgelehnte Asylbewerber mit „Duldungs-Status“ – aus rechtlichen, sozialen oder Krankheitsgründen. Auf 700 Deutsche kommt somit ein Flüchtling.“ Die große „Flüchtlingsschwemme“ hat also nichts mit der Realität zu tun.
Doch die Medien haben diese staatliche Hetze wiedergekäut, wie ja die BILD-Zeitung stolz selbst berichtet. Und es war nicht nur die BILD, sondern auch so genannte „seriöse“ Zeitungen, Radio und Fernsehen.

PEGIDA übernimmt die Forderungen des Deutschen Städtetages
Nun wird die Verbindung klar: Da taucht unversehens ein Lutz Bachmann auf, der nach eigenen Angaben enge Verbindungen zu BILD und dem Springer Verlag hat und macht aus den Schlagzeilen der BILD, anderer Medien und den Angstmeldungen des Staatsapparates eine Bewegung, die Forderungen aufstellt, die der Deutsche Städtetag schon vor 4 Monaten öffentlich erhoben hat, aber noch nicht völlig durchsetzen konnte. Denn immerhin hatte der grüne Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Kretschmann, im September 2013 eine Verschärfung der Abschieberegelungen der CDU-SPD-Regierung ermöglicht. Zur Begründung stimmte er in das allgemeine Gerede, dass das Boot langsam voll sei. Zeit-online vom 19.9.14 berichtet: „’Die Bereitschaft in der Bevölkerung, Flüchtlinge aufzunehmen, ist sehr groß‘, sagte Kretschmann vor der Abstimmung im Bundesrat. Diese Haltung der Bürger könne sich aber ändern, wenn die Probleme, die durch den großen Zustrom von Asylbewerbern entstanden seien, nicht gelöst würden.“ Kretschmann ist ein PEGIDA-Versteher!
Auf einem solchen Boden von Unwahrheiten, Angstmache, Spaltung und Hetze kann PEGIDA wie eine Sumpfpflanze gut gedeihen.

Woher kommen Geld und Logistik?
Zudem stellt sich die Frage, woher eine angeblich „spontane“ Bewegung das viele Geld für große Lautsprecher und die gesamte Logistik hat? Passiert hier vielleicht dasselbe wie bei der NSU, wo Staatsgelder beim Aufbau der Terrortruppe halfen und der Verfassungsschutz diese beschützte?
Offensichtlich ist auch, dass die Medien selbst als die Teilnehmerzahl noch klein war, ausführlich über PEGIDA berichtet und jedem klar gemacht haben: Montag ist PEGIDA-Demo. Zwar wurde „Abscheu“ geäußert, zugleich aber regelrechte Propaganda für den Demo-Termin gemacht. Wann haben die Medien das schon einmal bei fortschrittlichen Bewegungen so gemacht? Als z. B. PEGIDA ihre Demonstration auf Sonntag verlegt hat, prangte in Stuttgart auf allen Videoleinwänden bei Stadtbahn und S-Bahn im gesamten Stadtgebiet die Kurzmeldung: „PEGIDA verlegt Demonstration auf Sonntag.“ Die PEGIDA-Führer hätten selbst niemals die Mittel gehabt, um diese Meldung so flächendeckend zu verbreiten. Doch die Medien helfen gern!
Obwohl die Stuttgart 21-Bewegung schon über 5 Jahre kontinuierlich kämpft und weiterhin Woche für Woche Tausende auf die Straße gehen, schweigen die überregionalen Medien. Ähnlich ergeht es dem Protest gegen den neuen Großflughafen in Berlin oder anderswo. Diese Bewegungen sind fortschrittlich, zeigen nicht „Ausländer“ als die Schuldigen und werden daher klein geredet.

PEGIDA – faschistisch unterwandert und die „Versteher“
Erstaunt meldete die Presse, dass PEGIDA-Führer Bachmann als Hitler posierte und rassistisch über Flüchtlinge hetzte, diese seien „Dreckspack“ und „Viehzeug“. Zuvor durften die Führer dieser rassistischen Bewegung überall verkünden, dass sie „gar nichts gegen Ausländer“ hätten und dass ihnen Flüchtlinge willkommen seien.
Doch neu ist das nicht, nur besonders krass. So berichtete die „junge welt“ am 14.1.15, dass Thomas Thalacker, der CDU-Stadtrat in Meißen war, im Sommer 2013 schrieb: „Was wollen wir mit dem zu 90 % ungebildeten Pack, was hier nur Hartz 4 kassiert und unseren Sozialstaat ausblutet“. Oder Siegfried Däbritz, ehemaliges Vorstandsmitglied in Meißen postete im Internet Hitlerzitate und bezeichnete Muslime als „mohammedamische Kamelwämser“ und „Schluchtenscheißer“. (https://www.jungewelt.de/2015/01-14/018.php) Beide gehören zum Organisationsteam von PEGIDA in Dresden.
Bei der LEGIDA-Demo in Leipzig verkündete der rechts-populistische Jürgen Elsässer, diese Bewegung sei friedlich, während gleichzeitig mehrere Pressevertreter angegriffen und ihre Fotoapparate zerstört wurden. (siehe: https://www.vice.com/de/read/fuehrerlos-durch-die-nacht-legida-pruegelt-sich-durch-leipzig-885) Die NPD rief offen, auf den Gegendemonstranten „in die Fresse“ zu hauen.
Nein, es ist klar, wer da führt: Demagogen, Rassisten, Faschisten
Doch plötzlich gibt es von offizieller Seite, die heuchlerisch gegen PEGIDA Stellung bezogen hat, zahlreiche PEGIDA-Versteher. Da bekommen Kathrin Oertel für PEGIDA und Alexander Gauland von der AfD zur besten Sendezeit bei Günther Jauch eine Plattform, um ihre Harmlosigkeit zu beteuern. Wölfe im Schafspelz! Sie werden unterstützt von Frank Richter, Direktor der sächsischen Landeszentrale für politische Bildung, der verständnisvoll meinte, es handele sich um einen „Problem- und Gefühlsstau, der sich aufgebrochen hat.“ Das war wohl bei dem Terror der Nazis gegen Kommunisten, Sozialdemokraten, Gewerkschafter und Juden ebenso. „Gefühlsstau“ – das ist ja wohl eine demagogische Verharmlosung! Herr Richter führt deshalb mit den Staatsgeldern, die sein Institut erhält, Diskussionsrunden mit PEGIDA durch. Das nennt er „politische Bildung“. Und bei diesen Verständnisrunden drängeln sich die bürgerlichen Politiker. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) redete freundlich mit den Herrschaften. Auch Sigmar Gabriel (SPD) war sich nicht zu schade, um nach Dresden zu den Verständnisrunden der Landeszentrale für politische Bildung zu kommen. Alle „verstanden“ plötzlich die „Sorgen der Bürger“ und wollten im braunen Sumpf fischen.
Es geht um Wählerstimmen und um Stimmungsmache. Denn der herrschenden Klasse kommt die PEGIDA gerade recht.
PEGIDA lenkt so wunderbar von den wirklichen Problemen ab:
– Die Europäische Zentralbank (EZB) wirft den Finanzmonopolen gerade 1 Billion Euro in den Rachen, damit die Profite weiter üppig vermehrt werden können? Achte nicht drauf! Schau auf die gefährlichen Ausländer!
– Die Spannungen in der Ukraine und in Europa wachsen? Schau nicht so genau hin! Kümmere Dich um die gefährlichen Ausländer!
– Niedriglöhne, Entlassungen, steigende Steuern, heranrollende Wirtschaftskrise? Schlimm, aber noch viel schlimmer sind die gefährlichen Ausländer!
– Armutsrenten, Bildungsmisere, Jugendarbeitslosigkeit usw.? Schwierig, schwierig, aber gibt es nicht die gefährlichen Ausländer!
Das ist das Lied, dass die herrschende Klasse gerne hört! Schlagt euch unten die Köpfe ein, dann können wir ungestört weiter herrschen und unsere Taschen füllen. Darum blühen mitten in der tiefen Krise dieses Systems überall in Europa nationalistische, rassistische und faschistische Bewegungen auf. Teilweise sind sie schon in Regierungen vertreten.

Gegen PEGIDA kämpfen!
Gegen PEGIDA und Co. muss mit aller Entschlossenheit gekämpft werden. Allerdings wird das langfristig nur erfolgreich sein, wenn man auch die Hintermänner der herrschenden Klasse ins Visier nimmt. Zugleich müssen wir die wirklich wichtigen Themen wie Sozialabbau, Niedriglöhne, steigende Ausbeutung, Wohnungsnot usw. entschlossen angehen. Denn in diesen Kämpfen sind alle gemeinsam betroffen. Im Streik stehen Einheimische und Migranten, Christen, Moslems, Atheisten und so weiter gemeinsam für ihre Interessen ein. So ist es auch in allen anderen sozialen Kämpfen. Wir treten nicht nach unten wie die feigen rassistischen und faschistischen „Helden“, sondern wir kämpfen gegen oben, gegen das Kapital und die herrschende Klasse!

Diethard Möller

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