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Rassismus ist ein soziales Problem

Emre Ögüt

Es gibt viele Studien und Meinungsforschungsumfragen, die sich mit dem Thema „Rassismus“ auseinandersetzen. Hierbei geht es um die aktuelle „Mitte-Studie“ der SPD-Friedrich-Ebert-Stiftung (FES), seit 14 Jahren die Verbreitung von Vorurteilen analysiert. Kann sie richtungsweisend für die SPD sein?

In der aktuellen Studie kommen die Forscher zu zwei Kernergebnissen: Einerseits seien Vorurteile in den vergangenen Jahren insgesamt zurückgegangen, andererseits polarisiere sich die Gesellschaft immer stärker. Demnach gibt es eine Minderheit, die sich zunehmend radikalisiert, verfestigt und verselbständigt. Ein wichtiger Faktor sind hierbei die sozialen Netzwerke, in denen sich Rechte gegenseitig aufpeitschen können.

Doch interessanterweise geht die Studie neben den sozialen Medien auch auf die Mitwirkung der „seriösen Medien“ ein. Einerseits bieten sie den Rechten die Argumentationsgrundlage durch ihre Berichterstattung, die oft unkritisch und unreflektiert ist. Medien erzeugen den Eindruck, dass eine große Bedrohung existiere, indem sie dramatische Bilder und Begriffe verwenden. Andererseits bieten sie den Rechten dann in politischen Talkshows die Bühne, in denen sie ihre Positionen, von denen man glaubte, dass sie undemokratisch und rechtsextrem seien, offen zu Tage bringen können. Somit werden „zur besten Sendezeit menschenfeindliche und antidemokratische Botschaften“ verbreitet, die durch den seriösen Rahmen „als offenkundig denk-, sag- und durchführbar erscheinen“. Zu Landtagswahlzeiten war es gang und gebe, dass der AfD in nahezu jeder Talkshow eine Bühne geboten wurde.

Die Mitte-Studie zeigt, was mittlerweile eigentlich jeder weiß, unter welchen Bevölkerungsgruppen die AfD auf viel Zustimmung stößt. Das aus den Zahlen zum Vorschein tretende Phänomen nenne die amerikanische Vorurteilsforschung „Poor-White-Racism-Effekt“: Die größte Beliebtheit genieße nämlich die AfD unter „Männern, Arbeitern und jenen […], die zuvor zu den Nichtwählern zählten“.

Wir wiesen schon öfters darauf hin, dass der ansteigende Rassismus keine Gesinnungsfrage ist, sondern eine soziale. Deshalb sind es auch die Arbeiter, die sich immer stärker von den Rechten angesprochen fühlen; denn sie sind es, die von der Kürzungs-, Sozialabbau- und Arbeitspolitik der Regierung am stärksten betroffen sind. Während die FES die zunehmende Zustimmung unter den Arbeitern, ja sogar unter den gewerkschaftlich organisierten Arbeitern, nicht verheimlichen kann, lässt sie die soziale Frage nach wie vor außen vor. Sie beschränkt sich darauf, dass zur Bekämpfung des Rassismus eine neue demokratische Identität zu schaffen wäre, die nicht auf Ausgrenzung, sondern auf Gleichwertigkeit basiere und Minderheiten eine Stimme gebe.

Damit bleibt die Position der FES gleich mit der der SPD und die Mitte-Studie leider nur eine bloße Informationsquelle. Denn die wahren Ursachen, wie z.B. die Agenda 2010, Mini- und Midijobs oder Hartz-IV werden nicht benannt und die soziale Frage wird auf Unwissenheit oder Dummheit begrenzt, was am Kern des Problems stark vorbeigeht.

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