Özgün Önal
Seit Beginn des neuen Schuljahres gilt das Handyverbot an Schulen in den Niederlanden. Das Bildungsministerium argumentiert, dass Mobiltelefone die Aufmerksamkeit der Schüler stören und ihre Konzentrationsfähigkeit negativ beeinflussen könnten. Dies wirke sich laut dem Ministerium in Den Haag nachteilig auf den Lernerfolg aus. Ausnahmen sind nur dann vorgesehen, wenn das Handy im Unterricht ausdrücklich gebraucht wird.
Auch an deutschen Schulen wird häufig beobachtet, dass Schülerinnen und Schüler besonders in den Pausen intensiv mit ihren Handys beschäftigt sind. Da das Thema Bildung in Deutschland jedoch Ländersache ist, existiert kein einheitlicher Ansatz zur Integration digitaler Medien in den Schulalltag. Es fehlt eine übergreifende Strategie, um den kompetenten Umgang mit Medien an Schulen landesweit zu fördern.
Eine von der Universität Augsburg durchgeführte Übersichtsstudie von Prof. Dr. Klaus Zierer und Tobias Böttger, veröffentlicht im Journal Education Sciences, untersucht die Auswirkungen von Smartphone-Verboten in Schulen. Die Analyse von fünf internationalen Studien zeigt, dass Smartphone-Verbote positive Effekte auf das soziale Wohlbefinden der Schüler und in geringerem Maße auch auf deren Lernleistungen haben. Smartphones können Lernprozesse stören und das soziale Klima verschlechtern.
Die Autoren betonen jedoch, dass ein Verbot allein nicht ausreicht. Es muss mit pädagogischen Maßnahmen kombiniert werden, die die Medienkompetenz der Schüler fördern. Die Schüler sollten lernen, verantwortungsvoll mit Technologie umzugehen. Die Kombination aus Verbot und Bildungsmaßnahmen kann die positiven Effekte verstärken und den Schülern helfen, zunehmend Eigenverantwortung zu übernehmen.
Maike Finnern, Vorsitzende der GEW, betont, dass Aufklärung, eine aktive Medienpädagogik und die Stärkung junger Menschen sinnvollere Ansätze sind, als Kontrolle, Verbote oder pauschale Verurteilungen. Ein von oben angeordnetes Handyverbot könne Probleme, wie Gewalt und Mobbing nicht lösen, da diese gesamtgesellschaftlicher Natur sind. Stattdessen fordert sie mehr Investitionen in die Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften, medienpädagogische Konzepte, regelmäßige Studien zur Mediennutzung und -wirkung sowie Beratungs- und Bildungsangebote für Eltern, um diese Herausforderungen effektiv anzugehen.
Auch Gerhard Brand, Vorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), lehnt allgemeine Handyverbote an Schulen ab. Statt pauschaler Verbote fordert er mehr Schulungen zur Medienkompetenz, um Schüler im Umgang mit digitalen Inhalten zu schulen. Er bemängelt den fehlenden Zugang zu digitalen Endgeräten an 10 Prozent der Schulen und sieht weiteren Bedarf an finanzieller Unterstützung für die Digitalisierung. Ein Handyverbot sollte seiner Meinung nach nur durch einen demokratischen Schulprozess gemeinsam mit allen Beteiligten beschlossen werden und nicht von Ministerien vorgegeben werden.
Abschließend zeigt sich, dass die Debatte um Smartphone-Verbote in Schulen vielschichtig ist und verschiedene Perspektiven berücksichtigt werden müssen. Während das Verbot potenziell positive Effekte auf das Wohlbefinden und die Konzentration der Schüler haben kann, ist es entscheidend, dass es durch umfassende pädagogische Konzepte und eine gezielte Medienkompetenzförderung ergänzt wird, um langfristige und nachhaltige Verbesserungen im Schulalltag zu erreichen.