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Studium vorbei und dennoch nichts in der Tasche

Murat Köroglu

Ich habe es mir ehrlicherweise nicht so schwer vorgestellt, nach dem Studium eine Vollzeit-Beschäftigung als Diplom-Kaufmann bzw. Controller zu finden. Es spielt ja keine Rolle, dass ich mein Studium auf dem zweiten Bildungsweg abgeschlossen habe. Denn schließlich bin ich ja ein Akademiker bzw. Fachkraft, wonach unsere Politiker in letzter Zeit händeringend suchen und verlangen.
Mit der von der Wirtschaft selbst verursachten Wirtschafts- und Bankenkrise hatte ich zwar keinen optimalen Zeitpunkt für meinen Abschluss erwischt, doch ich war ein Hochschulabsolvent. Mit dem Diplom in der Tasche, müsste es doch bei der Jobsuche eigentlich erfolgreicher verlaufen, als nur mit einer „kaufmännischen Ausbildung“, dachte ich. Doch, nach zwei Jahren erfolgloser Bewerbungen, musste ich mir eingestehen, dass ich mich anscheinend geirrt habe. Seit meinem Abschluss im Sommer 2009 und zahlreicher Praktika, versuche ich in Schichtdienst, in Aushilfs- oder Promotionsjobs meinen Lebensunterhalt zu verdienen.
Ich möchte in einem geregelten Vollzeitjob arbeiten und anspruchsvolle Arbeit erledigen, anstatt 0815-Arbeitsvorgänge, die mein Talent entqualifizieren und mich nicht herausfordern. Ich möchte als Mensch gesehen werden und nicht auf meinen Migrationshintergrund reduziert werden. Ich möchte nicht mehr vom „Amt“ – neuerdings auch Job-Center – mit Papierkram und menschenverachtenden Auflagen bombardiert werden, die eher zur statistischen Zwecken dienen und nichts mit der aktiven Stellenvermittlung zu tun haben, die ich so dringend benötige. Ich möchte von denen auch nicht so behandelt werden, als ob ich unqualifiziert oder schwer vermittelbar wäre, mich nicht anstrengen würde oder nicht gut genug wäre, weswegen ich ja nichts finden würde.
Ich möchte endlich wieder Urlaub machen und mich erholen vom Alltag, von der negativen Stimmungsmache, vom permanenten Terrorgefahr. Ich möchte das verdienen, was mir für meine Leistung und Qualifikation zusteht und nicht darauf aufmerksam gemacht werden, dass meine Erwartungen und Ansprüche realisierbar sein sollten. Ich möchte meine Bafögschulden wieder dem Staat zurückzahlen, damit der Nächste, der studiert, auch zumindest ein bisschen Erleichterung bekommt. Ich möchte in Ruhe zum Arzt gehen und nicht daran denken, was mich eine Krankheit/Arztbesuch mit Verdienstausfall, Praxisgebühr, Medikamente etc. kosten wird. Ich möchte was für meine Zukunft tun wie z.B. in meine Altersvorsorge einzahlen, Familienplanung, Weiter-, und Fortbildung…

Wenn ich mir die Fragestellung noch mal ins Gedächtnis rufe. Dann gibt es für mich nur eine Antwort: Ich möchte nichts geschenkt bekommen, sondern nur das, was mir zusteht!

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