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Wie Metin ermordet wurde

metin göktepe

Drei Jahre arbeitete der 27jährige Metin Göktepe als Journalist. Zuerst als fester freier Mitarbeiter für die wöchentlich erscheinende Zeitschrift Gerçek, dann als Redakteur der Tageszeitung Evrensel. Als die Evrensel-Redaktionskonferenz am Morgen des 8. Januars 1996 berät, wer über die Begräbnisfeierlichkeiten für Orhan Özen und Riza Baybas berichten könnte, ist die Entscheidung schnell gefallen: Das ist eine Sache für Metin. Im Gefängnis Ümraniye, dem Sondergefängnis für politische Gefangene in Istanbul, war es am 4. Januar zu einer Revolte gekommen. Sie wurde blutig niedergeschlagen. Orhan Özen und Riza Baybas waren zwei der Opfer.

Metin Göktepe macht sich auf den Weg zur Gerichtsmedizin. Die Polizisten hätten die Anweisung, niemanden ohne »gelbe« Pressekarte durchzulassen. Doch so einfach läßt er sich nicht abspeisen. Die Diskussion mit den Polizisten endet allerdings abrupt, als der stellvertretende Hauptkommissar Mehmet Isbitiren zu den Debattierenden stößt: »Du redest zuviel, ich nehme dich fest«. Polizisten ergreifen Göktepe. Laut Polizeiprotokollen verhaftet sie insgesamt 1.052 Menschen – Trauernde, Demonstranten und auch unbeteiligte Passanten. 308 werden auf verschiedene Polizeiwachen gebracht, 39 ins »Amt für Terrorbekämpfung«. 705 landen in der Sporthalle von Eyüp – darunter Metin Göktepe. Laut Augenzeugenberichten wird er bereits im Bus mit Schlägen traktiert.

In der Sporthalle empfangen Polizisten des Mobilen Einsatzkommandos die Festgenommenen mit Beschimpfungen und Schlagstöcken. »Ich bin Metin Göktepe und Journalist. Ich bin Reporter der Zeitung Evrensel Gazetesi. »Warum schlagen Sie mich?« ruft Göktepe beim Betreten der Halle. Das ist sein Todesurteil. »Der soll Journalist sein? Dem verpassen wir eine Spezialbehandlung«, so ein Polizist.

Dutzende Polizisten stürzen sich auf Göktepe, treten ihn, schlagen mit Fäusten und Knüppeln auf ihn ein, bis er bewußtlos liegenbleibt. Als er wieder zu sich kommt, ist ihm schwarz vor Augen. Ihm ist schlecht. Ein Arzt wird nicht gerufen. Immer wieder fällt er in Bewußtlosigkeit. In der Erwartung, an der frischen Luft käme er vielleicht wieder zu sich, bringen zwei Polizisten den fast leblosen Mann in den Garten der Sporthalle. Dort überläßt man ihn seinem Schicksal. Göktepe stirbt. Die Leiche wird später wenige hundert Meter von der Sporthalle entfernt gefunden. Die Autopsie ergibt, »daß der Tod aufgrund von subduralen und arachnoidalen Gehirnblutungen sowie Blutungen im Gewebe, verursacht durch ein schweres Schädeltrauma, eingetreten ist«. Außerdem weise der Körper der Leiche »sehr viele schwere traumatische Läsionen und einen Rippenbruch« auf.

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