Written by 12:55 HABERLER

„Wir Deutschen“ zeigen euch Griechen und Spaniern jetzt mal wie man sich richtig bewirbt!

Wie deutsche Unternehmen die Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa bekämpfen
Pinar Aki

Die Jugendarbeitslosigkeit in den südeuropäischen Ländern, wie etwa Griechenland und Spanien, hat sich in den letzten Jahren nicht verbessert. Die Zahlen 49,7% und 49,3% sind nach wie vor erschreckend hoch. Demnach ist jeder 2. Jugendliche in Griechenland und in Spanien arbeitslos. Diejenigen, die einen Job haben, verdienen bei einer Vollzeitbeschäftigung nicht mehr als durchschnittlich 680€. In Deutschland ist die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen überraschend niedrig. Mit „nur“ 7,1% liegt Deutschland weit unter dem EU-Durchschnitt von 20,6 Prozent. Das würde ja bedeuten, dass 93 von 100 Jugendlichen einen Job oder einen Ausbildungsplatz haben. Merckwürdig! Dabei finden gerade einmal zwei Drittel der ausbildungsinteressierten jungen Menschen eine Ausbildungsstelle, während die Unternehmen vermehrt über unbesetzte Ausbildungsplätze klagen. Da scheint doch etwas nicht zu stimmen?!? Das zentrale Problem ist weiterhin der Zugang zur Ausbildung. Noch immer stecken 260.000 Jugendliche in Warteschleifen zwischen Schule und Ausbildung fest. Vor allem aber lässt besonders die Ausbildungsqualität zu wünschen übrig. Anderer Meinung scheint Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles zu sein, wenn sie behauptet: „Die deutsche Wirtschaft ist ein Botschafter für gute Ausbildung“. Selbe Ansicht vertritt wohl auch Opel-Vorstandsvorsitzender Karl-Thomas Neumann, mit den Worten: „Das Konzept der Ausbildung in Deutschland ist im Ausland sehr hoch angesehen“. Die Griechen und die Spanier sollten sich dann wohl mal eine Scheibe bei den Deutschen abschneiden. Anscheinend gibt es genügend Jobs in ihren Ländern, nur sind sie nicht in der Lage, sich richtig für diese zu bewerben und zeigen sind auch überhaupt nicht bemüht oder motiviert. Dem wollen nun deutsche Unternehmen zeigen, wie man das richtig macht.

Vor einem Monat stellte Neumann gemeinsam mit der Bundesarbeitsministerin, welche das Projekt unterstützt, die Initiative „InCharge“ in Berlin vor. Überzeugt von dem deutschen Erfolgsmodell wollen deutsche Unternehmen wie Opel, die Deutsche Bank, Sixt oder Continental damit in EU-Ländern mit hoher Jugendarbeitslosigkeit Ausbildung und Beschäftigung fördern. Derzeit sind 25 Unternehmen an diesem Projekt beteiligt. „Konkret sollen 100 Unternehmen angeworben werden, die jeweils 100 Chancen für junge Talente anbieten – dies könnten Jobbörsen sein, Praktika, Bewerbertrainings oder eben auch ein Arbeitsplatz. Wichtig ist es, die jungen Menschen auf das Arbeitsleben vorzubereiten. Viele müssen erst lernen, wie man sich bewerbe, wie ein Vorstellungsgespräch ablaufe, kurzum, was es heißt, den Einstieg in die Berufswelt zu finden“, so Projektleiter Joachim Koschnicke (Opel Group). Dabei ist klar, dass diese nicht etwa aus Gutmütigkeit oder aus Mitleid für eine Verbesserung sorgen wollen, sondern in erster Linie werden sie selbst von der Initiative profitieren. Schließlich sollen die jungen Menschen zukünftig für deutsche Unternehmen in Spanien, Italien oder Griechenland arbeiten.
Absurd an der ganzen Geschichte ist allerdings, dass solch eine Initiative ausgerechnet vom Opel-Vorstandsvorsitzenden ins Leben gerufen wird. Ausgerechnet das Unternehmen, welches noch vor einem Jahr, durch die Schlie゚ung des Opel-Werkes, f・ einen extremen Anstieg der Arbeitslosigkeitsrate in Bochum gesorgt hat. Opel war der grte Arbeitgeber in Bochum. ワber 3000 Mitarbeiter haben durch die Schlie゚ung ihren Job verloren und das nur damit Opel wieder zur・k in ihre Gewinnzone kann.

„Für ihre eigenen Interessen“

Niko,33 Jahre alt, Student (Sozialwissenschaft/Politikwissenschaft)

Im Prinzip ist das eine gute Idee, unseren Brüdern und Schwestern einen Ausbildungsplatz zu geben. Die Frage ist natürlich, was Konzerne damit beabsichtigen, ob sie nicht die Jugendliche aus den verschiedenen Ländern rausziehen und entweder nach Deutschland versetzen oder in andere Länder und von ihren Familien zu entwurzeln. Ich glaube aber dennoch, dass es wichtig ist, für Lohnerhöhung in Deutschland zu kämpfen, damit unsere Genossinnen und Genossen in Griechenland auch eine höhere Vergütung haben und damit auch eine Chance von ihrer Arbeit/Hände/Brot auch leben zu können. Ich glaube , dass es der einzige Sinn und Zweck für Opel oder die deutschen Unternehmen ist, Gelder zu sparen und Leute weiter auszubeuten und noch viel mehr ausbeuten zu können.
„Zuerst vernichten, um neu zu schaffen?!“
Sozan, 19 Jahre alt, sucht eine Ausbildung

Ich habe dieses Jahr mein Fachabitur gemacht und suche einen Ausbildungsplatz. Doch weil ich in de Hauptfächern Deutsch und Mathe die Note ausreichend hatte, habe ich bis jetzt nur Absagen erteilt bekommen. Ich finde es widersprüchlich, dass die InCharge-Initiative von einem Opel-Chef geleitet wird, der zuerst viele Ausbildungsplätze vernichtet hat, um durch diese Initiative wieder welche zu schaffen. Deshalb hat seine Handlung in meinen Augen wiederum keinen Sinn.
„Auf die Straßen gegen Arbeitslosigkeit“
Vivian, 21 Jahre alt, sucht Ausbildung

Ich wollte dieses Jahr eine Ausbildung beginnen, aber mir wurde 3 Wochen vor Beginn dieser Ausbildung eine Absage erteilt „aus betriebswirtschaftlichen Gründen“. Darauf hin habe ich mich kurzfristig auch woanders beworben, aber es war schon zu spät. Deshalb überbrücke ich meine Zeit jetzt mit einem Auslandsaufenthalt um mein Englisch zu verbessern. Die Hälfte der Jugendlichen weiss bestimmt nicht mal, dass so eine Initiative existiert, helfen könnte so eine Initiative alle male. Gegen Arbeitslosigkeit sollte man aber auf die Straßen gehen und protestieren.

„Als befristete Angestellte kenne ich Ausbeutung nur zu gut!“
Aylin, 24,angehende Studentin

Ich arbeite seit einem Jahr bei der Deutschen Post am Flughafen Frankfurt am Main (IPZ) als befristete Teilzeitkraft. Meine Wochenarbeitsstunden betragen 20 Std, dass heißt ich arbeite jeden Tag 4 Std und habe zudem 8min Pause, das wiederum sehr streng kontrolliert wird. Je eine Stunde, kriegt man 2 min mehr Pause, also 6 Std Arbeit und davon nur 12 Minuten Pause.
Mir wurde schon am Anfang zu verstehen gegeben, dass ich nicht länger als zwei Jahre beschäftigt werde und ich mir auch keine Hoffnung auf eine Festanstellung machen soll, deshalb bekam ich anfangs Verträge die nur 2-3 Monate liefen, vor allem war es nie sicher, ob ich nun eine Verlängerung bekomme. Aus diesem Grund musste man sich immer drei Monate vorher arbeitslos melden, damit man auch rechtzeitig sein Arbeitslosengeld beanspruchen kann. Ich habe auch von einigen Arbeitskolleginnen immer wieder gehört, dass sie immer Überstunden machten, nicht nur für ihre Arbeitszeitkonton, sondern weil sie auf eine Entfristung hofften. Viele verzichteten auch zum Arzt zugehen, wenn sie krank waren, weil jeder wusste, dass es einen großen Einfluss auf die Verlängerung hat, also bloß nicht krank werden!
Zu der InCharge-Initiative: Ich finde es heuchlerisch, zumal die EU zu dieser hohen Jugendarbeitslosigkeit selbst beigetragen hat. Vielleicht würde die Jugendarbeitslosigkeit, durch die Initiative gering zurück gehen aber bestimmt nicht zu 100%. Und auch wenn die Jugendlichen beschäftigt werden, wäre die nächste Frage: Wie sehen die Bedingungen aus (fairer Lohn, unbefristet, befristet usw.). Denn ich befürchte, dass diese Initiative zeitarbeitsähnliche Qualität hat und nur eine weitere Form der Ausbeutung sein soll.

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