Pınar Yiğit
Ähnlich wie vor zwei Jahren zur Zeit der ägyptischen Revolution gegen Hosni Mubarak, gleichen sich die Bilder der letzten Tage. Durch die anhaltenden Unruhen der vergangenen Wochen sind mehr als 50 Menschen getötet worden und dutzende Menschen wurden bei Ausschreitungen mit der Polizei verletzt. Im Kairoer Stadtzentrum ging das 1932 von den britischen Kolonialherren gegründete Al-Howeiyaty-Mädchengymnasium in Flammen auf und brannte vollständig aus. In der Metro brach Panik aus, als Tränengas unter die Erde in die Fahrgasttunnel geriet; und in der Industriestadt Mahalla blockierten Bürger die Zuggleise, nachdem sie das Büro des Gouverneurs in Brand gesetzt hatten. Nicht nur in Kairo auf dem Tahrir-Platz, in praktisch allen großen Städten des Landes kam es zu Straßenschlachten.
Todesstrafen verkündigt
Vor einem Jahr waren nach einem Fußballspiel in der Stadt Port Said Fans der Vereine Al-Ahli und Al-Masri aufeinander losgegangen. 74 Menschen starben durch die Kämpfe und die Massenpanik. Bei anschließenden Straßenkämpfen kamen weitere 16 Menschen ums Leben. Alle Spiele der Fußball-Liga wurden seitdem ausgesetzt. Die Liga soll aber am 1. Februar wieder starten. Die Gewalt eskalierte, nachdem ein Gericht am Samstag 21 Todesurteile gegen Fußballfans wegen der tödlichen Krawalle in der Hafenstadt verhängt hatte. Insgesamt 70 Menschen mussten sich vor dem Gericht verantworten, u.a. auch neun Polizisten, die die Täter hätten gewähren lassen, um die Anhänger des Kairoer Clubs Al-Ahli zu bestrafen
Nach der Verkündung des Urteils wurden nach Angaben der Rettungsdienste bei einer blutigen Auseinandersetzung 27 Menschen getötet und mehr als 300 weitere verletzt. Am Gerichtsort in Kairo brach dagegen nach Verkündung der Todesurteile Jubel unter den Angehörigen der Opfer der damaligen Krawalle aus.
Ausnahmezustand in mehreren Städten
Unter anderem hatten tausende Oppositionelle landesweit aus Anlass des zweiten Jahrestages des Aufstands vom 25. Januar 2011, der zum Sturz Mubaraks geführt hatte, gegen Präsident Mursi und die Muslimbruderschaft demonstriert. Sie werfen dem Staatschef und der Regierungspartei vor, den demokratischen Prozess in Ägypten repressiv unterbunden und die Macht an sich gerissen zu haben. Daraufhin verhängte der ägyptische Präsident Mursi über drei Städte einen 30-tätigen Ausnahmezustand. Die ägyptische Regierung hat einen Gesetzentwurf angenommen, der Präsident Mohammed Mursi den Einsatz der Armee erlaubt. Konkret würde das heißen, dass die Armee zukünftig Ausgangssperren sowie ein Demonstrationsverbot verhängen kann. Dem Gesetz zufolge sollen außerdem die Sondervollmachten des Präsidenten bis zu den Parlamentsneuwahlen in Kraft bleiben. Mursi könnte die Sondervollmachten im Bedarfsfall eigenmächtig immer dann nutzen, wenn er dies als erforderlich ansieht. Allerdings versuchte der Staatschef vergeblich, die in der Nationalen Rettungsfront zusammengeschlossenen Oppositionsparteien an sein Vorhaben einzubinden, die Krawalle im Land mit harter Hand zu zügeln. Mursi scheint wohl vergessen zu haben, dass das ägyptische Volk einen Diktator aus dem Land verjagen konnte. Dasselbe könnte ihm auch ziemlich schnell passieren.