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Arbeitern wegnehmen und dem Kapital geben!

Die Regierung, die im Juli den Bundeshaushalt aufstellte, hat ein Sonderbudget von 54 Milliarden für das Kapital vorgesehen, während sie gleichzeitig plant, die sozialen Rechte zu beschneiden. Die Staatsverschuldung steigt rapide an, als Ergebnis der Politik derjenigen, die bei der Aufstellung des Bundeshaushalts davon sprachen, „Deutschland nicht weiter in die Verschuldung gehen zu lassen“. Die Gewerkschaftsführer, die die im Haushalt vorgesehenen sozialen Angriffe als „irrational und undurchdacht“ kritisieren, kritisieren den milliardenschweren Kapitaletat auf der anderen Seite als „unzureichend“.

SERDAR DERVENTLI

Die WirtschaftsWoche (WiWo), eines der führenden Propagandaorgane des deutschen Kapitals, berichtete auf ihrer Website (wiwo.de) unter dem Titel „Die nächsten Jahre werden blutig!“ (4. Juli 2023) über den Haushaltsentwurf der Regierung. Der 1364-Seiten starke Haushaltsentwurf sei einerseits „das Ergebnis eines harten Ringens“, so Christian Ramthun von der WiWo, und „andererseits ein Vorbote heftiger Verteilungskämpfe in den kommenden Jahren“.

Der Haushaltsentwurf von Bundesfinanzminister Christian Lindner für das Jahr 2024 sei eine Feststellung, dass nach den „Jahren des Überflusses und des Wohlstands“, als seine Vorgänger Wolfgang Schäuble und Olaf Scholz Finanzminister waren, die biblischen „Hungerjahre“ begonnen hätten, sagt Ramthun: „Ob sich das aber auf die biblischen sieben Jahre beschränkt, ist nicht sicher.“

Auch wenn die Ministerzeiten von Schäuble und Scholz nicht als „Jahre des Überflusses und des Wohlstands“ für die Arbeiter und Werktätigen bezeichnet werden können, sollten die plakativen Äußerungen des WiWo-Autors („blutige Jahre“, „Hungerjahre“) nicht auf die leichte Schulter genommen werden.

„JAHRE DES ÜBERFLUSSES UND DES WOHLSTANDS“?

Der Grund, warum die kapitalistische Presse die vergangenen Jahre als „Jahre des Überflusses und des Wohlstands“ anpreist und der breiten Masse der Werktätigen die Botschaft vermittelt, dass „diese Zeit vorbei ist“, ist klar: Das Kapital und die Regierung wollen, dass sich die Werktätigen der Usurpation sozialer Rechte und Angriffe beugen.

Deshalb ist es sinnvoll, sich daran zu erinnern, wie es soweit kommen konnte. Man muss nicht allzu weit zurückgehen: Während der letzten Kanzlerschaft von Angela Merkel hat die Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD unter dem Vorwand der Corona-Pandemie die „Schuldenbremse“ zur Stützung des Kapitals aufgehoben und eine „Staatsgarantie“ von 1,5 Billionen Euro auf den Tisch gelegt. Obwohl der Krieg in der Ukraine zu diesem Zeitpunkt noch nicht begonnen hatte, waren Scholz‘ Worte „wir haben die Panzerfaust in der Hand“ nicht vergessen. Für die so genannte „Volksgesundheit“ wurden Milliarden von Impfstoffdosen gekauft, im Gegenzug zu den extrem hohen Impfpreisen, die von den Pharmamonopolen verlangt wurden. Es wurde so viel Impfstoff gekauft, dass er in Deutschland gar nicht mehr verwendet werden konnte. Diese Impfstoffe wurden weitgehend vernichtet. Oder die Mund- und Nasenschutzmasken, die der damalige Gesundheitsminister Jens Georg Spahn über seine Verwandten für Hunderte Millionen Euro gekauft hat, die aber wegen Gesundheitsgefährdung vernichtet werden mussten.

Im gleichen Zeitraum nahm der Staat 345,9 Milliarden Euro an neuen Schulden für Subventionen an das Kapital und Steuersenkungen auf, um die wirtschaftliche Rezession zu überwinden, die vor der Corona-Pandemie begann und den Höhepunkt der Pandemie erreichte. (Mit den jüngsten Krediten ist die Gesamtverschuldung Deutschlands (Bund, Länder und Gemeinden) auf 2,58 Billionen Euro gestiegen. Die „Schuldenuhr“ auf der Website www.steuerzahler.de informiert über den Anstieg der deutschen Schulden.)

Im gleichen Zeitraum wurden Millionen von Industriearbeitern (auf dem Höhepunkt waren es gleichzeitig 7 Millionen Arbeiter) aufgrund dysfunktionaler Versorgungsketten in Kurzarbeit versetzt. Die Löhne wurden in diesem Zeitraum um fast 40 Prozent gekürzt, während Millionen gezwungen waren, trotz Corona zur Arbeit zu gehen! Die physischen, psychischen und materiellen Härten, die die breite Masse der Werktätigen in dieser Zeit erlitten, sind unermesslich!

SIE HABEN MIT DER INFLATION BEGONNEN, SIE WERDEN MIT DER AUSPLÜNDERUNG FORTFAHREN!

Der im Juli von der Hans-Böckler-Stiftung veröffentlichte „European CBA Report“ (www.wsi.de/fpdf/HBS-008656/p_wsi_report_86_2023.pdf, Seite 10) zeigt, dass die Reallöhne in Deutschland sogar unter dem Niveau von 2015 liegen. Es wäre daher zutreffender, von Jahren der „Armut und des Elends“ zu sprechen als von Jahren des „Überflusses und des Wohlstands“.

Selbst wenn wir den vorangegangenen Zeitraum außer Acht lassen, können wir feststellen, dass die Reallöhne in Deutschland seit 2020 rapide gesunken sind. Vor allem die Preise für Lebensmittel und Energie (für Wohnungen und Fahrzeuge) sind in die Höhe geschnellt. Zu Beginn der Jahre 2020 und 2023 wurde der Inhalt des Warenkorbs geändert, um die Inflation gering erscheinen zu lassen. In den fraglichen Jahren haben die Monopole (insbesondere die Energiemonopole!) Rekordgewinne erzielt, während die breite Masse der Werktätigen nicht mehr über die Runden kam. Kurzum, man muss sagen, dass die Monopole „Überfluss und Wohlstand“ erlebten.

Die Verarmung der Werktätigen, die mit der Inflation begann, wird heute durch die Ausplünderung der staatlichen Mittel fortgesetzt. Die Teile des Haushaltsentwurfs, die der Presse zugänglich gemacht wurden, zeigen, dass die Regierungskoalition „vorrangige Kürzungen“ in all den Bereichen vorgesehen hat, die sie bei ihrer Bildung als „vorrangig“ bezeichnet hat. Im Jahr 2022 werden rund 30 Milliarden Euro von einem Haushalt von 476 Milliarden Euro auf 446 Milliarden Euro gekürzt.

KEIN GELD FÜR KINDER – GELD FÜR MONOPOLE!

In den vergangenen Wochen stand die „Kindergrundsicherung“ im Mittelpunkt der Haushaltsberatungen. Im Koalitionsvertrag wurde die Einführung einer Kindergrundsicherung als ein zentrales sozialpolitisches Projekt der Regierung angekündigt.

Seit Monaten blockiert Lindner die Reformvorschläge der grünen Familienministerin Lisa Paus, weil „kein Geld zum Verteilen da ist“. Paus‘ Reformvorschlag zielt darauf ab, die bestehenden Familienleistungen wie Kindergeld, Kinderzuschlag, Freibeträge pro Kind, Bildungs- und Teilhabeleistungen zu vereinheitlichen und automatisch auszuzahlen. Der jährliche Mehrbedarf würde sich laut Paus auf 12 Milliarden Euro belaufen. Der rabiate neoliberale Lindner hat nicht nur 10 Milliarden der geforderten Summe gestrichen, sondern auch das Inkrafttreten auf 2025 verschoben!

Als der Bericht veröffentlicht wurde, dass 3 Millionen Kinder und Jugendliche (unter 18 Jahren) in Deutschland in Armut leben, vergossen alle Regierungspolitiker Krokodilstränen: „Es ist unbegreiflich, wie das in einem so reichen Land passieren kann.“

Erinnern wir uns daran, wie dies „geschieht“: Der US-Monopolist Intel z.B. erhält für sein Halbleiterwerk in Magdeburg 9,8 Milliarden Euro Subventionen! Zufälligerweise genau die Summe, die für Kinder gefordert wird! Oder die „Aktienrente“, die eine Zeit lang im Namen der „Sicherung des Rentensystems“ diskutiert wurde. Heute heißt es „Generationenkapital“, aber es ist dasselbe: Mit den Steuern der Bürger wird an den Weltbörsen gezockt, im Namen der „Rentensicherung“! Dafür braucht man natürlich Geld… und es muss ein Zufall sein, dass der dafür benötigte Betrag 10 Milliarden Euro beträgt!

Es ist nicht möglich, diese Posten im nachstehenden Haushaltsplan 2024 zu sehen. Dazu muss man sich die detaillierten Rechnungen auf der Website des Bundesfinanzministeriums ansehen. Ausgaben: 445,7 Milliarden Euro. Einnahmen: Steuereinnahmen: 375,3 Milliarden Euro, Nettokredite: 16,6 Milliarden Euro, Investitionen: 54,2 Milliarden Euro.

Wenn man die Pressestelle des Ministeriums fragt: „Woher kommt das Geld im letzten Haushalt?“, lautet die Antwort „Kredite“. Der Beamte am Telefon erklärt das sofort: „Aber da es sich bei diesem Betrag um eine Investition handelt, wird er für Haushaltszwecke nicht als Schuld betrachtet.“ „Wie wird er zurückgezahlt?“, antwortet der Beamte, „wie jede andere Schuld“, und bittet darum, im Bericht nicht namentlich genannt zu werden.

BUDGET FÜR RÜSTUNG SCHAFFEN!

Die Antworten auf unsere Fragen sind nicht überraschend. Am Tag nach Scholz‘ berühmter „Zeitenwende“-Rede im Bundestag am 27. Februar 2022 begründete Lindner im ARD-Morgenmagazin die Notwendigkeit des 100-Milliarden-Euro-Sonderfonds für die Armee wie folgt „Unser Ziel, und auch mein Ziel, ist es, in den nächsten zehn Jahren eine der mobilsten und am besten ausgestatteten Armeen Europas zu haben. Eine der bestausgerüsteten Armeen in Europa, weil sie die Bedeutung Deutschlands und die Verantwortung Deutschlands in Europa widerspiegeln wird.“

Auf die Frage des Sprechers, wer die Rechnung bezahlen wird, antwortete er: „Sie, die Steuerzahler, werden die Rechnung bezahlen. Deshalb werden wir auch bei allen anderen Posten des Bundeshaushalts sehr sensibel vorgehen. Wir werden in den nächsten Jahren alle öffentlichen Ausgaben überprüfen und Prioritäten setzen, wir werden jeden ausgegebenen Euro hinterfragen. Nicht jeder wird verlangen können, was er will.“

Deutschland, das sich bisher geweigert hat, die NATO-Doktrin einzuhalten, wonach „2 Prozent des BIP (Bruttoinlandsprodukts) für den Verteidigungshaushalt bereitgestellt werden sollten“, hat im Haushalt 2024 51,8 Milliarden Euro für den Verteidigungshaushalt vorgesehen. Im Jahr 2023 hätte er jedoch bereits 77,54 Milliarden Euro bereitstellen müssen. Selbst wenn das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP von 3,877 Billionen Euro im Jahr 2022) gleich bleibt, sind zusätzliche 25,74 Milliarden nötig, um das 2-Prozent-Ziel zu erreichen. Nach einem Bericht der FAZ, der sich auf das Verteidigungsministerium beruft, müsste der Verteidigungshaushalt für 2024 eigentlich auf 85,5 Milliarden erhöht werden. Das heißt, es fehlen 33,7 Milliarden. Der „Maulwurf“ im Ministerium hat der FAZ mitgeteilt, dass 19 Mrd. € des Fehlbetrags aus dem „Sonderfonds“ kommen sollen. Die FAZ fragt, woher etwa 15 Milliarden Euro kommen sollen. Die FAZ, die dafür kämpft, dass der deutsche Imperialismus „auf der Weltbühne sichtbarer wird“, braucht sich nicht zu fürchten. In dieser Frage können sich die Koalitionsparteien, die in vielen Fragen „zerstritten“ sind, am leichtesten einigen. Sie werden eine geeignete Mittelzuweisung finden – im schlimmsten Fall werden sie einen Kredit aufnehmen und ihn zu ihrem „Investitions“-Budget hinzufügen!

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