Umut Dogan
Die Krise bei Opel zieht nicht ab. Erneut wird Stellenabbau angekündigt. Wir haben mit Elias Fischer über die Situation und die Kämpfe bei Opel gesprochen. Elias ist 21 Jahre alt, macht eine Ausbildung zum KFZ – Mechatroniker, ist im dritten Lehrjahr und stellvertretender Vorsitzender der Jugend- und Auszubildendenvertretung bei Opel in Rüsselsheim.
Opel wurde von Stellantis übernommen. Was plant der Mutterkonzern jetzt?
Wir wurden 2017 von PSA (Peugeot Société Anonyme) übernommen. Damals schon gab es Differenzen mit der PSA, denn sie wollten zu dem Zeitpunkt die Ausbildung komplett dicht machen. Das bedeutet: mein Lehrjahr hätte gar nicht eingestellt werden sollen. Jetzt sind wir fusioniert mit Fiat Chrysler, ein Riesenkonzern mit 14 eigenen Firmen. Da bekommen wir schon mindestens seit einem Jahr mitgeteilt, dass wir zu teuer sind und dass das Ausland günstiger sei. Zusätzlich hatten wir schon und haben immer noch ein Stellenabbauprogramm von 2000 Mitarbeitern am Laufen. Mit den Verhandlungen zum Stellenabbau haben wir, als Azubis, eine unbefristete Übernahme bekommen. Jetzt kamen Schlag auf Schlag im letzten Monat immer wieder Schlagzeilen, die ich als Jugend- und Auszubildendenvertreter und auch der Betriebsrat aus der Presse gehört haben. Sie wollen den Opel-Konzern aufspalten und die Werke sollen zu Stellantis Werken werden, also zu keiner Firma gehören. Dadurch ist man angeblich flexibler und kann auch Autos der anderen Firmen hier produzieren. In der Realität passiert das aber bereits jetzt schon. Der Rest von Opel wäre bei einer Aufspaltung dann nur noch Entwicklung, Verwaltung und Verkauf. Wir sehen in diesem Vorhaben mehrere Probleme: Erstens man spaltet damit die Belegschaft und kreiert einen Wettbewerb und wenn das Werk eine einzelne GmbH im Großkonzern ist, dann wird es noch schwieriger zum Beispiel gegen Fiat Konkurrenz zu haben. Zweitens wird man wahrscheinlich ein Werk haben, was Gewinne abwerfen, aber auch sehr teuer sein wird. Zudem wird man eine Opel Verwaltung haben, die nur rote Zahlen schreiben wird, weil Entwicklung, Verwaltung und Verkauf an sich nicht profitabel sind.
Es fanden und finden Mitarbeitergespräche im Engineering statt, wo gesagt wird, dass wir zu teuer seien. In Eisenach wurde gesagt, dass die wegen einer Halbleiterknappheit in Kurzarbeit müssen und die restliche anfallende Arbeit dann in Frankreich gemacht werden soll. Das Auto wird dort nämlich auch produziert. Das wurde auch am Betriebsrat vorbei durchgesetzt. Eigentlich hat der Betriebsrat da ein Mitspracherecht, weil es eine soziale Frage ist, ob man Kurzarbeit meldet oder nicht. Im Nachhinein wurde die Zustimmung vom Betriebsrat verweigert.
Dann kam noch hinzu, dass der Werkzeugbau vor paar Jahren mit zweistelligen Millionenbeträgen saniert und konkurrenzfähig gemacht wurde. Da gab es vor zwei Monaten eine Betriebsvereinbarung, dass hundert Stellen abgebaut werden, aber noch 160 Stellen bleiben sollen. Das sind auch für uns in der Ausbildung wichtige Stellen, weil Berufe in der Metallverarbeitung insgesamt sehr viel abgebaut werden, aber im Opel Werk weiterhin Metallverarbeitungsberufe, wie Industriemechaniker ausgebildet werden. Wir wollen eine fachgerechte Übernahme und brauchen dafür den Werkzeugbau und auf der anderen Seite arbeiten ja jetzt auch Kollegen dort. Zwei Monate nach der Betriebsvereinbarung zum Stellenabbau im Werkzeugbau wurde angekündigt, dass man die Vereinbarung aufkündigen möchte. Das Argument ist die Mobilitätstransformation. Wir haben dazu eine ganz klare Haltung: Jedes Elektroauto braucht immer noch eine Karosserie, also ist es egal, ob wir eine Mobilitätstransformation haben oder nicht. Die Verlagerung nach Marokko hat nichts mit der Transformation zu tun, sondern ist ein reines Profitinteresse.
AZUBIS WISSEN NICHT, WIE ES WEITERGEHT
Wie sieht es mit der fachgerechten Übernahme aus?
Wir haben einen Tarifvertrag, der vorsieht, dass Auszubildende für zwölf Monate übernommen werden. Voraussetzung ist, dass das Unternehmen nicht in einer wirtschaftlich schweren Situation ist. In der Regel wurde auch jeder Jahrgang bis jetzt übernommen. Vor zwei Jahren im Winter wurde der letzte Stellenabbau beschlossen, 2000 Stellen sollten und sollen abgebaut werden. Zusammen mit dem Stellenabbau wurde auch eine unbefristete Übernahme für alle damaligen Azubis beschlossen. Wenn das Werk bleibt und Stellantis sich an diese Regelungen hält, dann besteht die Übernahme. Schließt das Werk, wissen wir noch nicht, wo die Azubis übernommen werden. Das aktuelle erste und zweite Ausbildungsjahr hat nun zunächst eine Übernahmezusage von zwölf Monaten.
Wie ist die Stimmung unter den Azubis?
Es gibt Kommunikationsschwierigkeiten wegen der Pandemie. Doch da sind wir dran. Wir führen gerade Bereichsversammlungen durch mit den Auszubildenden. Wir glauben, viele haben noch nicht verstanden, was die Situation für uns bedeuten wird. In den letzten Jahren gab es schon Stellenabbau, das bedeutet viele haben schon eine andere Stelle. Und wenn ich von den KFZ – Mechatronikern reden kann, dann bezweifel ich, dass wir irgendwann mal im Handwerk arbeiten möchten. Denn es ist eine ganz andere Arbeit, ein anderer Druck und auch eine andere Vergütung, als in der Industrie.
UNBEFRISTETE ÜBERNAHME UND ERHALT DER ARBEITSPLÄTZE
Welche Forderungen habt ihr als Jugend?
Wir fordern natürlich eine fachgerechte Übernahme, nicht nur für Azubis, sondern auch für Dual-Studierende. Für die Dual-Studierenden gibt es kaum Übernahmeregelungen. Weil es weder in den Tarifvertrag kommt, noch darüber Betriebsvereinbarungen abgeschlossen werden. Für uns ist wichtig, dass Auszubildende und Dual-Studierende unbefristet übernommen werden. Uns hilft aber eine unbefristete Übernahme nichts, wenn das Werk schließt.
Welche Rolle spielt die Jugend in den aktuellen und den kommenden Kämpfen?
Ich glaube die Jugend ist wichtig in solchen Kämpfen, vor allem als Stimmungsmacher. Wir dürfen auch mehr und sind auch frecher, als die Erwachsenen. Mein Anspruch an die Jugend ist, dass wenn wir eine Veranstaltung oder eine Aktion haben, die Jugend anwesend ist und auch in der ersten Reihe steht.