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Compact-Urteil: Rechte Hetze unter dem Deckmantel der Presse- und Meinungsfreiheit

Alina Großmann

Letztes Jahr verfügte das Bundesinnenministerium unter Nancy Faeser (SPD) das Verbot der Compact-Magazin GmbH – jenes Unternehmen, welches neben Medienformaten wie „CompactTV“ auf YouTube mitunter das im Jahre 2021 vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestufte monatlich erscheinende „Compact-Magazin“ herausgibt. Das Verbot des Bundesinnenministeriums stützte sich gemäß Artikel 9 des Grundgesetzes und Artikel 3 des Vereinsgesetzes auf das Vereinsrecht und markierte damit einen seltenen Fall, in dem ein Presseunternehmen rechtlich wie ein Verein behandelt und verboten wurde. Angewendet wurden diese Vorschriften in den letzten Jahren größtenteils bei als rechtsextrem oder islamistisch eingestuften Organisationen und Vereinigungen. Der Vorwurf: Compact sei ein Akteur mit „gesichert extremistisch rechter Ausrichtung“, der aktiv gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung arbeite. Nach dem Verbot legte die GmbH vorläufigen Rechtsschutz ein, welcher kurz danach im August 2024 durch das Gericht bestätigt wurde und es dem Unternehmen vorerst bis zur Entscheidung des Gerichts ermöglichte, das Magazin weiter herausgeben zu können. Jetzt wurde das Verbot durch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig aufgehoben und die damalige Maßnahme des Bundesinnenministeriums wurde als rechtswidrig erklärt.

Aufgabe des Gerichts war es dabei einerseits zu klären, ob auch die Presse unter dem Vereinsrecht verboten werden kann und andererseits zu prüfen, ob ein Verbot des Compact-Magazins verhältnismäßig ist. Dies sei der Fall, wenn sich die verfassungswidrigen Aktivitäten für die Vereinigung als prägend erweisen. Das Gericht bestätigte zwar, dass es grundsätzlich möglich sei, Presse- und Medienunternehmen unter dem Vereinsrecht zu verbieten, verneinte im zweiten Schritt jedoch, dass die Äußerungen und Aktivitäten des Compact-Magazins für ein Verbot gerechtfertigt seien. Begründet wurde das Urteil damit, dass „selbst den Feinden der Freiheit die Meinungs- und Pressefreiheit durch das Grundgesetz garantiert ist“. Laut dem vorsitzenden Richter gebe es in den Publikationen des Compact-Magazins zwar „zugespitzte“ und „migrationskritische bzw. migrationsfeindliche“ Äußerungen, die die Grenze zur Verfassungsfeindlichkeit jedoch nicht überschreiten würden und nicht hinreichend mit der Menschenwürde oder dem Demokratieprinzip zu beanstanden seien. Compact positioniert sich selbst als „die Stimme des Widerstands“. Doch wer genauer hinschaut, erkennt darin ein zentrales rechtes und faschistisches Hetzblatt, welches inhaltlich und personell enge Verbindungen zur AfD, Pegida oder der Identitäten Bewegung pflegt. Seit seiner Gründung veröffentlicht das Magazin unter der Chefredaktion von Jürgen Elsässer, der als Redner von Pegida bekannt ist, und mit einer Auflage von 40.000 Stück monatlich unter Schlagzeilen wie „Messereinwanderung“ oder „Wir trauern um die Opfer von Multikulti“ offen völkische und nationalistische Hetze und organisierte in der Vergangenheit Wahlveranstaltungen der AfD und „Vernetzungstreffen“ bzw. Konferenzen mit Akteuren wie Martin Sellner oder Lutz Bachmann.

Auch die AfD selbst sieht sich nach der Aufhebung des Verbots bestätigt: Wenn selbst das Compact-Magazin nicht verboten werden könne, sei die AfD „durch und durch verfassungskonform“. Dass das Bundesverwaltungsgericht das Verbot trotz der Inhalte des Compact-Magazins aufhob, wirft wieder einmal mehr die Frage auf, wem die Grundrechte in der bürgerlichen Demokratie nützen. Während mit dem Urteil die Möglichkeit geebnet worden ist, Presse grundsätzlich einfacher unter Vereinsverboten verbieten zu können, bleiben insbesondere die Meinungs- und Pressefreiheit weiter Angelegenheiten, die repressiv bei fortschrittlichen Kräften kriminalisieren kann, während es rechter und völkischer Hetze weiter ermöglicht wird, unter dem Deckmantel der Grundrechte zu spalten und zu Gewalt gegen Migranten zu mobilisieren, während der Staat samt seiner Apparate den Weg dafür frei macht.

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