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Das junge Kairo – Nagip Machfus

„Unser Land wird ausgeplündert und ausgebeutet, und die Verantwortung dafür liegt in der Hand reicher Schlappschwänze. Wie hoch wir auch aufsteigen, es wird immer weniger sein als wir verdienen. Das ist ein Land, wo man sich von der Obrigkeit treten lässt. Ägypten wird niemals seine Unabhängigkeit erlangen. Es ist gewohnt, von ausländischen Mächten beherrscht zu werden (…)“, philosophiert ein Student im Buch „Das junge Kairo“ von Nagip Machfus. Der ägyptische Literaturnobelpreisträger schreibt in seinem Roman von vier Freunden, die kurz davor sind, ihr Studium zu beenden. Alle suchen ihre Zukunft woanders: einer im Sozialismus, einer im Journalismus, einer im Islam und der vierte, Machgup, sucht vergeblich. Machgup stammt aus sehr armen Verhältnissen, sieht nicht wirklich gut aus und ist auch überhaupt nicht sympathisch. Im Gegenteil, er ist ein verbitterter Zyniker, der im Gegenteil zu seinen Freunden nur eines möchte: Geld und Ansehen. Und er hasst auch alle, die davon mehr haben, als er selbst. Er weiß aber auch, dass er ohne die richtigen Beziehungen gar nichts werden kann. „Ein Diplom ohne Beziehungen ist weniger wert als ein Einwickelpapier beim Metzger.“ Da ihm aber auch gerade diese Beziehungen fehlen, führt nur ein korrupter Weg in die gewünschte obere Gesellschaftsschicht. So geht er einen gefährlichen Deal ein. Er heiratet eine Frau, die zwar ebenso aus armen Verhältnisse stammt, aber dafür ein Verhältnis mit einem angesehenen Politiker hat. Dieser bezahlt die Wohnung für die beiden, kommt aber wöchentlich bei seiner Geliebten vorbei. Im Gegenzug dazu hat Machgub aber einen sehr hoch angesehenen Job bekommen und verdient gut. Dank der Prostitution und einer großen Lüge können Machgup und seine Frau Teil der „wichtigen“ Gesellschaft sein. Machgup verdrängt auch seine Vergangenheit vergebens, seine Freunde, besonders seine Herkunft. Als dann eines Tages sein Vater erkrankt und dringend finanzielle Unterstützung braucht, verstellt er sich. Doch eigentlich hofft er, dass seine Eltern ihn bald in Ruhe lassen – ja sogar sterben. „Das junge Kairo“ ist ein Buch, welches mit einer direkten Sprache erzählt, wie sich die Frustration gegenüber den herrschenden Strukturen, gegenüber Korruption und gegenüber Ungerechtigkeiten in Ägypten seit Generationen aufgestaut hat. Die Revolution kam also nicht von ungefähr. Dieses Buch hilft, die Gegenwart sehr viel besser zu verstehen.

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