Written by 18:00 HABERLER

Deutschlands offene Kriegsbeteiligung im Nahen Osten

Sinan Köylü

Die Fregatte „Hessen“ sticht zur Bekämpfung der Huthis im Jemen in hohe Gewässer. Seit wenigen Tagen ist das „Mehrzweckschiff für Geleitschutz und Seeraumkontrolle“ (Bundeswehr) der sogenannten Sachsen-Klasse im Roten Meer aktiv. Das Kriegsschiff soll Raketen- und Drohnenangriffe der Huthis abwehren. Wie die Tagesschau Ende Februar berichtete, zerstörte das Schiff bereits zwei Drohnen der Huthis.

Der Einsatz, der als der gefährlichste seiner Art in der bundesdeutschen Marinegeschichte gilt, ist Teil des durch die EU-Außenminister im Februar beschlossenen EU-Einsatzes Aspides. Offizielles Ziel des Einsatzes ist die Bekämpfung der Huthi-Angriffe auf Handelsschiffe, die durch das Rote Meer fahren. Die Huthis haben als Reaktion auf den Krieg Israels gegen den Gaza-Streifen seit November begonnen, Schiffe, die auf dem Weg nach oder von Israel kommen per Raketen und Drohnen anzugreifen, um den Druck auf die israelische Seite zu erhöhen.

Nicht nur auf Israel selbst, auch auf dessen Verbündete steigt der Druck durch die Angriffe der Miliz. Die USA und Großbritannien attackieren bereits seit einigen Wochen Stellungen der Huthis aus der Luft. Das Rote Meer ist für den weltweiten Handel von großer Bedeutung. Zwischen dem Golf von Aden und dem Suez-Kanal verlaufen bis zu zwölf Prozent des Welthandels. Für den Handel zwischen Europa und Asien hat das große Auswirkungen.

Deutschland handelt hier nicht aus Selbstlosigkeit. Bis zu zehn Prozent des deutschen Außenhandels verlaufen durch das Rote Meer. Das derzeitige Ausweichen über das Kap der guten Hoffnungen führt zu erheblichen Steigerungen an Transportkosten. Noch entscheidender ist dabei der Gashandel. Besonders flüssiges LNG wird auf Schiffen durch das Rote Meer vom Mittleren Osten nach Europa transportiert. Seit dem Umstieg der deutschen Wirtschaft auf Flüssiggas, nimmt daher die Abhängigkeit von der Route durch den Suez-Kanal zu.

Für den Marine-Inspekteur Kaack ist der Einsatz der Fregatte Hessen der wohl „ernsthafteste Einsatz einer deutschen Marineeinheit seit vielen Jahrzehnten“. Mit rund 240 Soldaten an Bord, ist das 143 Meter lange Schiff unter anderem mit Flugabwehrraketen ausgestattet. Vor einigen Tagen wurden die Raketen unter anderem dafür verwendet, eine verbündete Drohne versehentlich anzugreifen.

Auch wenn hiesige Medien von einem peinlichen Vorfall sprachen, ist die Sache ernst. Mit der Entsendung der Fregatte Hessen wird Deutschland direkter Kriegsteilnehmer in einer eskalierenden Phase des Nahostkonflikts. Die Ausweitung des Krieges in Gaza hat bereits begonnen. Die eben erwähnten westlichen Angriffe auf den Jemen und damit indirekt auf den Iran sind nur eine Seite dieser Ausweitung.

Der Krieg kann zu einem Flächenbrand werden und Deutschland stünde mittendrin. Statt umzukehren und sich von den Kriegshandlungen der Verbündeten zu distanzieren und für eine diplomatische Lösung (d.h. mitunter einen Waffenstillstand) einzutreten, wird seit kurzem das nächste Kriegsschiff vorbereitet. Die Fregatte „Hamburg“ könnte ebenfalls bald in See stechen.

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