Written by 14:00 HABERLER

Die Ministerin ist Weg – lang lebe der Minister

Doguş Birdal

Nach monatelanger Kritik, der „Puma-Panne“ und dem skandalträchtigen Silvestervideo ist Christine Lamprecht als Bundesverteidigungsministerin entlassen worden. Schon vor der Neubesetzung des Postens wurde von vielen Seiten klargemacht, dass sie als Frau für diesen gar nicht geeignet war. Von Kommentaren auf sozialen Medien bis hin zu Stimmen aus der Politik, die jemanden forderten, „der die Truppe kennt“, „hart durchgreifen kann“ und selbst gedient hat – einer „von den Jungs“ eben. Der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius scheint all diese Kriterien zu erfüllen und übernahm vergangene Woche den Posten von Christine Lamprecht.

Pistorius erwartete nach der Amtsübernahme eine turbulente Zeit: Das Weltwirtschaftsforum in Davos, das Treffen der „Ukraine Defence Contact Group“ auf der US-Basis in Ramstein, ein Kennenlerngespräch mit NATO-Generalsekretär Stoltenberg und eine Bestandsaufnahme von Leopard 2 Kampfpanzern. Es geht um weitere Waffenlieferungen an die Ukraine und vor allem um die Lieferung der Leopard 2 Panzer. Denn der Druck auf die Bundesregierung, sowohl innenpolitisch als auch außenpolitisch, wächst. Innenpolitisch durch Grüne und FDP und außenpolitisch seitens der EU und NATO-Länder – alle fordern eine baldige Lieferung von Leopard 2 Kampfpanzern durch Deutschland. Polen mahnte sogar eine eigenständige Lieferung an, falls die Bundesregierung keine schnelle Entscheidung trifft. Man wolle die Ukraine nicht weiter „ausbluten lassen“, hieß es von Seiten des polnischen Ministerpräsidenten Morawiecki. Innenpolitisch läutet vor allem die FDP mit „Verteidigungsexpertin“ Strack-Zimmermann die Kriegsglocken. „Deutschland hat leider gerade versagt“, sagte sie gegenüber dem ZDF im Bezug auf die Nichtlieferung der Leopard 2 Panzer. Sie hoffe sehr, dass der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius „diese Fesseln löst“ und zur Genehmigung der Panzer beiträgt. Doch ganz so schnell will dieser nicht handeln. „Es geht ja nicht um die bloße Frage der Lieferung oder Nichtlieferung dieser Panzer, sondern auch um die Abwägung der Konsequenzen von Nichthandeln, aber auch genauso von Handeln“, sagte Pistorius in der Sendung „Anne Will“. Denn beim Leopard 2 handelt es sich, im Gegensatz zu den zuvor geliefertem Schützenpanzer „Marder“, um einen Kampfpanzer, der auch für Offensivzwecke eingesetzt werden kann. Und da müsse man sorgfältig abwägen, wann man die in dieses Geschehen mit einbringe, so Pistorius.

Einen anderen Ton schlug der neue Verteidigungsminister allerdings bei dem Treffen mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg an. „Heute vor 11 Monaten entfesselte Putin seinen unprovozierten, brutalen, imperialistischen Angriffskrieg gegen die Ukraine“, sagte er anschließend in der Pressekonferenz und stellte damit fest, dass alleinig Russland imperialistische Ziele in diesem Krieg verfolge. Er betonte außerdem, dass Deutschland bis jetzt geleistet hat, leisten wird und dafür auch sehr großen Zuspruch bekäme. So sei das „Frühlingspaket“ bestehend aus „Marder-Panzern“, „Patriot-Raketensystemen“ und vielen weiteren Waffen insgesamt 1,1 Milliarden Euro wert. Das bedeute in der Summe mehr als 3,3 Milliarden Euro, die Deutschland seit dem Krieg für die militärische Unterstützung der Ukraine aufgewandt habe. Nur Großbritannien sei, abseits der USA, vergleichbar mit Deutschland. Daran soll Deutschlands „Engagement“ deutlich werden. Dass also unter Pistorius weitere Waffen geliefert werden, steht außer Frage. Außerdem ermutigte Pistorius in Ramstein Partnerländer, die über Leopard 2 Kampfpanzer verfügen, mit der Ausbildung ukrainischer Soldaten an den Kampfpanzern zu beginnen. Es geht bei der Lieferung also eigentlich nicht mehr um das „ob“, sondern nur noch um das „wann?“.

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